Heute Vormittag wurde bei mir der zentralvenöse Katheter (ZVK) gelegt. Ein ZVK ist ein Schlauch mit mehreren Enden, der in ein größeres Blutgefäß gelegt wird und vor dem Eingang zum rechten Teil des Herzens endet. Da die Halsvene oberflächlich liegt und mit der Nadel leicht zu treffen ist, wird der ZVK meist hier gelegt. Dafür kamen ein Arzt und sein Assistent mit einem Ultraschallgerät und ganz viel medizinischem Material in mein Zimmer. Ich musste mich mit dem Kopf ans Fußende legen und ihn auf die Seite drehen. Während die weiteren Vorbereitungen getroffen wurden, guckte ich direkt auf das sonnige Fenster. Zunächst wurde mir ein Tuch über Kopf und Oberkörper gelegt und ich erhielt eine Lokalbetäubung, sodass ich vom Einstich an sich nur wenig mitbekam. (Allerdings breitete sich ein seltsam heißes Gefühl in meinem Nacken aus.) Über die Nadel wurde ein Draht eingelegt und die Nadel anschließend wieder herausgezogen. Mithilfe des Drahts erfolgte nun das eigentliche Einbringen des Katheters. Es war ziemlich beunruhigend zu wissen, dass jemand etwas durch meine Vene zu meinem Herzen schiebt. Um die Blutgefäße genau sehen zu können, benutzte der Arzt sein Ultraschallgerät. Obwohl ich nichts sehen konnte, spürte ich den Druck in meinem Hals und in der Herzgegend. Als der Katheter an seinem Platz angekommen war, bekam ich kurzzeitig Herzrasen, was allerdings eine ganz normale Körperreaktion ist. Am Ende wurde der Katheter mit zwei Stichen an meinem Hals festgenäht.
Im Anschluss brachte man mich ins Erdgeschoss, wo ein Röntgenbild meiner Lunge erstellt wurde, um zu sehen, ob der Katheter richtig liegt. Die Röntgenfrau freute sich total über das gelungene Bild meiner Lunge: „Wow, das nenn ich mal ein perfektes Bild! Wie aus dem Lehrbuch!“
Warum wird ein ZVK gelegt?
Ein ZVK wird gelegt, weil ich während der Konditionierungsphase (Chemotherapie) viele Medikamente gleichzeitig benötige, die nur auf diese Weise zusammen gegeben werden können. Zudem kann ich bei Bedarf über den Katheter künstlich ernährt werden. Während meines Aufenthalts erhalte ich dann auch alle weiteren Medikamente über den ZVK, was eine ziemliche Erleichterung ist. Sowohl Bluttransfusionen als auch Blutentnahmen können ganz einfach über diesen Zugang gegeben bzw. entnommen werden, sodass selten Blutentnahmen aus einer Vene mit einer Kanüle erfolgen müssen. Auch die Transplantation der Stammzellen wird über den zentralvenösen Katheter laufen.
Kann man sich mit dem ZVK im Zimmer bewegen?
Ja, zum Glück! In den USA müssen die Patienten immer so einen Ständer mit den Infusionen mit sich herumschieben. Das bleibt mir erspart, da mein ZVK über eine 7 Meter lange Infusionsleitung mit den Infusionen verbunden ist. Da ich aufgrund der Coronasituation mein Zimmer eh nicht verlassen darf, sind 7m vollkommen ausreichend, um „überall“ hinzukommen. Allerdings wird es bestimmt komisch sein, mit der Leine zu duschen. Jetzt muss ich nur noch aufpassen, dass ich nicht so tollpatschig bin und irgendwo hängenbleibe oder über die Leitung stolpere. Das würde sicher schmerzhaft werden.