Ers­tes Ge­spräch im UKE

Ers­tes Ge­spräch im UKE

Am 30.09.2020 war mein ers­tes Vor­ge­spräch im Uni­ver­si­täts­kli­ni­kum Ham­burg-Ep­pen­dorf. Da ich ein biss­chen Angst hat­te, war ich froh, dass Jan und mei­ne Mut­ter (trotz Co­ro­na) eben­falls an dem Ge­spräch teil­neh­men durf­ten. Ich hät­te mir si­cher nicht al­les mer­ken kön­nen und hät­te, da­von ab­ge­se­hen, auch we­nig Lust ge­habt, al­les Ge­hör­te noch­mal wie­der­zu­ge­ben.
Auf der Fahrt zum Kran­ken­haus ging es mir über­haupt nicht gut. Mir war ziem­lich übel und schwindelig.

Was kann ich für Sie tun?

Der Ter­min an sich war aber ok. Der Chef­arzt be­grüß­te mich mit den Wor­ten „Was kann ich für Sie tun?“, was ich et­was da­ne­ben fand. Was soll­te er schon für mich tun?! Viel­leicht er­klä­ren, wie der Plan aus­sieht, mich zu hei­len? Die Be­grü­ßung er­weck­te bei mir je­den­falls nicht den Ein­druck, als habe er sich mit mei­ner Pa­ti­en­ten­ak­te, die mei­ne Ärz­tin ans UKE wei­ter­ge­lei­tet hat­te, aus­ein­an­der­ge­setzt. Er war sehr sach­lich und sag­te am Ende ei­nes Sat­zes oft „ja“ oder „mhmm“. Man merk­te ihm sei­ne Kom­pe­tenz an, aber was die Sen­si­bi­li­tät an­geht, war ich froh, mei­ne Dia­gno­se nicht von ihm er­hal­ten zu ha­ben. Ei­nen klei­nen Schlag be­kam ich, als er sag­te, dass die Wahr­schein­lich­keit, dass ich wäh­rend die­ser gan­zen Be­hand­lung (in­klu­si­ve der Zeit da­nach) ster­be, bei 10 Pro­zent liegt. Na­tür­lich will ich dar­an glau­ben, dass ich zu den etwa 65 Pro­zent ge­hö­re, bei de­nen al­les gut geht. Aber selbst, wenn es zu Kom­pli­ka­tio­nen oder ei­nem Rück­fall kom­men soll­te, wäre das ok (na­tür­lich nicht cool, aber halt ir­gend­wie ok) für mich. Haupt­sa­che ich über­le­be und bin ir­gend­wann wie­der gesund!

Spen­der­su­che

Als es um das The­ma Spen­der­su­che ging, kam die Trans­plan­ta­ti­ons­ko­or­di­na­to­rin hin­zu. Sie mach­te ei­nen sehr net­ten Ein­druck und er­klär­te das Vor­ge­hen. Zu­nächst müs­se ge­prüft wer­den, ob mein Bru­der als Spen­der in­fra­ge kommt. Erst, wenn klar sein soll­te, dass er nicht (oder nicht per­fekt) passt, wird die Su­che nach ei­nem Fremd­spen­der ge­star­tet. Da mein Bru­der vor 10 Jah­ren schon ein­mal Stamm­zel­len ge­spen­det hat, wuss­te ich, dass er be­reits beim NKR (Nord­deut­sches Kno­chen­mark- und Stamm­zell­spen­der-Re­gis­ter) re­gis­triert ist. Ganz naiv dach­te ich da­her, dass man ein­fach sei­nen Na­men su­chen und sei­ne HLA-Merk­ma­le mit mei­nen ver­glei­chen könn­te. HA! Falsch ge­dacht. Das Gan­ze stell­te sich als un­glaub­lich kom­pli­ziert (im bü­ro­kra­ti­schen Sinne)und lang­wie­rig her­aus. Zu­erst muss­te mein Bru­der selbst sei­ne Da­ten beim NKR an­for­dern, da aus Da­ten­schutz­grün­den al­les an­ony­mi­siert wur­de und nie­mand (auch nicht das Kran­ken­haus mit Ein­ver­ständ­nis des Re­gis­trier­ten) au­ßer ihm dar­auf zu­grei­fen darf. Das NKR darf die Da­ten dann aber auch nicht ein­fach per Mail an den Spen­der sen­den, son­dern nur auf dem Post­weg. Un­pas­sen­der­wei­se be­fand sich mein Bru­der ge­ra­de im Ur­laub auf Kre­ta. Von dort aus rief er also bei der Spen­der­da­tei an und ließ die Un­ter­la­gen per Post an die Adres­se mei­ner El­tern sen­den. Ir­gend­wie ko­misch, dass es nicht mög­lich ist, eine ver­trau­li­che Mail an die hin­ter­leg­te Mail­adres­se zu sen­den, aber ir­gend­ein An­ru­fer, der sich als der re­gis­trier­te Spen­der aus­gibt, ver­an­las­sen kann, dass die Da­ten an eine kom­plett frem­de Post­an­schrift ge­schickt wer­den, oder?! Je­den­falls kam der Brief bei mei­nen El­tern an. An­schlie­ßend sen­de­te ich dann die Da­ten mei­nes Bru­ders PER E‑MAIL ans UKE. Naja, wird schon al­les nach­voll­zieh­ba­re da­ten­schutz­recht­li­che Grün­de ge­habt ha­ben, aber je­den­falls war es ziem­lich auf­wen­dig und zeitraubend.

Mu­tier­te Gene

Die Trans­plan­ta­ti­ons­ko­or­di­na­to­rin gab mir au­ßer­dem noch die Kon­takt­da­ten ei­nes Kin­der­wunsch­zen­trums. Be­vor ich mich dort um ei­nen Ter­min be­mü­hen woll­te, muss­te al­ler­dings noch ein wei­te­rer Punkt ab­ge­klärt wer­den. Bei der Kno­chen­mark­punk­ti­on wur­den zwei mu­tier­te Gene ge­fun­den, wo­bei noch nicht klar war, ob ich ei­nen die­ser „Feh­ler“ ver­er­ben könn­te. Im Fall ei­ner mög­li­chen Ver­er­bung hät­te ich mir die gan­ze Ei­zellein­frier­ak­ti­on kom­plett spa­ren können.

Ähm, ja

Im An­schluss an das Ge­spräch wur­den mir noch Un­men­gen Blut ab­ge­nom­men und ich muss­te ge­fühl­te 30 Zet­tel und For­mu­la­re aus­fül­len. Am Ende kam noch eine recht ge­stress­te Schwes­ter und sag­te, ich müs­se am nächs­ten Tag bei der Hu­man­ge­ne­tik an­ru­fen, um ei­nen Kos­ten­vor­anschlag zu be­an­tra­gen, den ich dann an mei­ne Kran­ken­kas­se schi­cken und an­schlie­ßend zu­rück ans UKE sen­den sol­le. Au­ßer­dem könn­ten ir­gend­wel­che Blut­un­ter­su­chun­gen in Aa­chen und in der Zy­to­ge­ne­tik eben­falls nur nach vor­he­ri­ger Kran­ken­kas­sen­zu­sa­ge statt­fin­den. Sie um­kreis­te ir­gend­wel­che Te­le­fon­num­mern und E‑Mailadressen, wäh­rend ich ver­such­te, mir No­ti­zen zu ma­chen. „Ach­so, das Blut, das wir heu­te ab­ge­nom­men ha­ben, kann dann nicht mehr ver­wen­det wer­den, weil es dann zu alt ist.“ Sie reich­te mir ei­nen klei­nen Kar­ton mit lee­ren Blut­röhr­chen und ei­nem wei­te­ren For­mu­lar. „Da­mit ge­hen Sie bit­te zu ih­rer Haus­ärz­tin, so­bald die Ant­wort ih­rer Kran­ken­kas­se vor­liegt und las­sen sich Blut ab­neh­men, das dann im An­schluss her­ge­bracht wer­den muss.“ Ähm, ja, kein Ding.

Völ­lig über­for­dert und mit In­for­ma­tio­nen über­flu­tet, ver­ließ ich die KMT-Am­bu­lanz und ging zu Jan und mei­ner Mut­ter ins Foyer.

  • Beitrags-Autor:
  • Beitrags-Kategorie:Tagebuch
  • Beitrags-Kommentare:0 Kommentare

Schreibe einen Kommentar