April

April

Im letz­ten Mo­nat ist – für Co­ro­na­ver­hält­nis­se – ziem­lich viel los ge­we­sen. Zu­erst war Os­tern, am Wo­chen­en­de dar­auf hat­te mei­ne Mut­ter Ge­burts­tag und noch eine Wo­che spä­ter war mein ei­ge­ner Ge­burts­tag. Ge­sund­heit­lich ging es bei mir ziem­lich hef­tig auf und ab, wo­bei ich durch­ge­hend – in­zwi­schen sind es 5 Wo­chen – an star­kem Hus­ten und Schnup­fen litt. Hin­zu kam im­mer wie­der eine ge­wis­se Grund­übel­keit ge­paart mit Ap­pe­tit­lo­sig­keit und teils sehr star­ken Kopf­schmer­zen. Es gab ei­ni­ge Tage, an de­nen ich schon beim Auf­wa­chen wuss­te „Das wird heut nichts“. Meis­tens be­hielt ich Recht und über­gab mich dann kurz dar­auf. Kot­zen ist wirk­lich ek­lig! Man ver­sucht ja meis­tens, sich ein biss­chen ge­wähl­ter aus­zu­drü­cken und For­mu­lie­run­gen wie „Er­bre­chen“ oder „sich über­ge­ben“ zu ver­wen­den, aber ge­ra­de in Be­zug auf „Kot­zen“ fin­de ich das Wort ei­gent­lich sehr tref­fend. Es klingt so wie der Vor­gang ab­läuft ohne ir­gend­was zu be­schö­ni­gen oder zu verharmlosen.

Selbst­über­schät­zung und Grenzen

Seit dem Tag, an dem ich Fie­ber hat­te und der Hus­ten be­gann (20.03.) fühl­te ich mich durch­ge­hend schlapp und kränk­lich, auch wenn ich zwi­schen­zeit­lich ganz gute Pha­sen hat­te, in de­nen ich dann meis­tens auch gleich mit mei­nen Ak­ti­vi­tä­ten heil­los über­trie­ben habe und am Ende noch ka­put­ter war als vor­her. So war ich z.B. eine gan­ze Zeit lang mit mei­ner Mut­ter bei T+T und habe mit ihr Bo­den­be­lä­ge, Ta­pe­ten, Far­ben und De­ko­kram an­ge­guckt. Ich lie­be die­sen La­den, weil es da im­mer so schön leer und ru­hig ist. Au­ßer­dem mag ich die De­ko­ti­sche sehr ger­ne, da die Sa­chen alle qua­li­ta­tiv hoch­wer­tig aus­se­hen und so schön an­ge­ord­net sind. Nach­dem wir uns ge­fühlt zwei Stun­den bei T+T auf­ge­hal­ten hat­ten, woll­te mei­ne Mut­ter mich nach Hau­se fah­ren, weil ich schon ziem­lich schwach wirk­te, aber ich woll­te un­be­dingt noch kurz zu OBI! Lei­der muss­te ich vor Ort dann aber eben­falls fest­stel­len, dass ich mit mei­nen Kräf­ten am Ende war und ließ mich des­halb auf dem Bo­den zwi­schen den Lam­pen­re­ga­len nieder.

Ein an­de­res Mal räum­te ich mei­ne Schreib­tisch­schub­la­de auf und dach­te mir, dass es sinn­voll wäre, ein paar klei­ne Scha­len oder Do­sen zum Sor­tie­ren zu ver­wen­den, da­mit nicht im­mer wie­der al­les durch­ein­an­der­fliegt. Da­her woll­te ich zu­nächst im Tup­per­schrank nach­se­hen, ob ich ein paar Do­sen habe, die eh kei­nen De­ckel mehr be­sit­zen (wo auch im­mer die­se De­ckel sind?!). Ir­gend­wie kam ich dann vom Kurs ab und en­de­te in ei­ner Kü­che, in der ein­fach über­all Tup­per­do­sen, Cof­fe-To-Go-Be­cher, Ther­mos­kan­nen, Scha­len, Sie­be, Töp­fe, Pfan­nen, Mi­xer und Ba­ckuten­si­li­en auf den Ab­la­ge­flä­chen stan­den. Ich hat­te näm­lich mit­ten in mei­nem Such­pro­zess be­schlos­sen, den kom­plet­ten Schrank aus- und um­zu­räu­men. Lei­der ver­ließ mich ge­nau an die­sem Hö­he­punkt des Cha­os (ab die­sem Punkt wird al­les wie­der bes­ser) mei­ne kom­plet­te Kraft und ich muss­te mich so­fort hin­le­gen. Jan freu­te sich na­tür­lich rie­sig über die „Über­ra­schung“ als er von der Ar­beit nach Hau­se kam. Der In­halt der Schreib­tisch­schub­la­de war über den kom­plet­ten Tisch (der mo­men­tan im Wohn­zim­mer steht) ver­teilt und die Kü­che sah aus wie nach ei­nem Bom­ben­an­griff. Im­mer­hin hab ich mich ent­schul­digt. Es ist für mich echt schwer, ein­zu­se­hen, dass mein Kör­per mehr Ruhe braucht, als mein Kopf ver­mu­tet. Aber in­zwi­schen habe ich mich (den­ke ich) ganz gut im Griff.

Os­tern

Ich hat­te zum ers­ten Mal in mei­nem Le­ben Zeit, um ein paar Os­ter­kar­ten zu bas­teln. Tat­säch­lich habe ich so­gar die meis­ten da­von recht­zei­tig ver­teilt! Je­doch ha­ben mal wie­der nicht alle Kar­ten ihr Ziel er­reicht, denn nach­dem Jan und ich am Kar­frei­tag eine gro­ße Os­ter­grü­ße-ein­wer­fen-Run­de ge­fah­ren sind, be­kam ich höl­li­sche Kopf­schmer­zen und Übel­keit. Schuld dar­an war ver­mut­lich eine Me­di­ka­men­ten­um­stel­lung von Don­ners­tag auf Frei­tag. Da das CMV-Vi­rus end­lich nicht mehr nach­weis­bar war, durf­te ich die ent­spre­chen­den Ta­blet­ten ab­set­zen, muss­te aber gleich­zei­tig mein San­d­im­mun von 100mg auf 150mg er­hö­hen. Am nächs­ten Mor­gen ging es mir im­mer noch to­tal schlecht und ich muss­te mich vier­mal über­ge­ben. Ich rief auf der Sta­ti­on im UKE an, wo man mir sag­te, ich sol­le erst­mal nur 125mg San­d­im­mun, No­val­gin-Trop­fen ge­gen die Schmer­zen und MCP-Ta­blet­ten ge­gen die Übel­keit neh­men. Glück­li­cher­wei­se hat­te ich die rich­ti­gen Me­di­ka­men­te zu Hau­se, so­dass ich abends fit ge­nug war, um mit Jan zu mei­nem Bru­der und Mei­ke zu fah­ren. Wir ha­ben ge­grillt und an­schlie­ßend ein (für Gar­ten­ver­hält­nis­se) rie­si­ges Os­ter­feu­er ent­zün­det. Jan und Jan gin­gen beim Feu­er­ma­chen und Holz­nach­le­gen ih­ren Ur­instink­ten nach und fühl­ten sich glau­be ich mal so rich­tig männ­lich. Os­ter­sonn­tag be­such­ten wir mei­ne El­tern zum Kaf­fee­trin­ken und aßen le­cke­re Tor­te und Biskuitrolle.

Mein feuch­ter Tiguan

Wäh­rend des letz­ten Mo­nats hat mein Va­ter in müh­se­li­ger Kleinst­ar­beit mei­nen kom­plet­ten Au­to­in­nen­raum aus­ein­an­der­ge­nom­men, weil der Ab­lauf­ka­nal mei­nes Pan­ora­ma­dach­fens­ters ver­stopft war und das Was­ser des­halb in den In­nen­raum ab­ge­lei­tet wur­de. Das Was­ser stand zen­ti­me­ter­hoch! Lei­der kann man beim Ti­gu­an nicht ein­fach die Fuß­mat­ten raus­neh­men, trock­nen las­sen, al­les aus­wi­schen und gut ist. Nee, beim Ti­gu­an ist der Bo­den auf­ge­baut wie ein rie­si­ger Schwamm, der aus meh­re­ren sehr saug­fä­hi­gen und un­er­reich­ba­ren Schich­ten be­steht, die wie­der­um am ei­gent­li­chen Bo­den fest­ge­klebt sind. Um den Tep­pich (und al­les was dar­un­ter ist) raus­neh­men zu kön­nen, muss man tat­säch­lich die Vor­der­sit­ze und die Mit­tel­kon­so­le aus­bau­en! Wer denkt sich denn so­was aus? Und wer baut über­haupt den Ab­lauf­ka­nal des Dach­fens­ters so, dass das Was­ser im Fal­le ei­ner Ver­stop­fung in den Fuß­raum läuft? Hin­zu kommt, dass die­ses Pro­blem beim VW Ti­gu­an be­kannt und an der Ta­ges­ord­nung ist. Trotz­dem wird zu kei­ner Zeit rou­ti­ne­mä­ßig ge­prüft, ob der Ka­nal viel­leicht ver­stopft ist, um so eine Ka­ta­stro­phe zu ver­hin­dern. Mein Auto war erst letz­tes Jahr in der In­spek­ti­on! Su­per­ät­zend. Von al­lein kommt man ja auch nicht dar­auf, dass so et­was pas­sie­ren könn­te. Da­her mein Tipp an alle Ti­gu­an-mit-Dach­fens­ter-Be­sit­zer: Lasst re­gel­mä­ßig die­sen blö­den Ab­lauf­ka­nal über­prü­fen! Hät­te mein Va­ter nicht so viel Zeit und Ar­beit in mein Auto in­ves­tiert, hät­te ich wohl ein paar Tau­sen­der in der Werk­statt las­sen oder mein Auto ver­schim­meln las­sen kön­nen. Dan­ke, Papa!!!

Ge­drück­te Stimmung

Zwi­schen­durch be­kam ich zu­sätz­lich zu mei­nen nor­ma­len Me­di­ka­men­ten ein An­ti­bio­ti­kum, da­mit sich nicht noch ir­gend­was „auf mei­nen Hus­ten drauf­setzt“. Ich weiß nicht ge­nau was mei­ne Ärz­tin mit die­ser For­mu­lie­rung mein­te, aber ich nahm die Ta­blet­ten nach Vor­schrift ein. Als eine Ne­ben­wir­kung ver­schlech­ter­te sich mei­ne Grund­stim­mung er­heb­lich und ich hat­te zeit­wei­se mit rich­tig de­pres­si­ven Pha­sen zu kämp­fen, in de­nen ich die Sinn­haf­tig­keit mei­nes Le­bens und über­haupt der gan­zen Welt in Fra­ge stell­te. Wie aus dem Nichts fing ich plötz­lich an zu wei­nen oder ver­spür­te zu­min­dest den Drang, gleich los­heu­len zu wol­len. Des­halb war Jan auch min­des­tens so froh wie ich selbst, als ich das An­ti­bio­ti­kum wie­der ab­set­zen durf­te und sich mei­ne Lau­ne wie­der et­was bes­ser­te. Al­ler­dings wur­de mei­ne Stim­mung eh schon durch das San­d­im­mun (Im­mun­sup­pres­si­vum), das ich seit der Trans­plan­ta­ti­on neh­men muss­te, gedrückt.

Mama

Wenn es mir psy­chisch nicht gut geht, bin ich un­gern mit mei­nen Ge­dan­ken al­lein. Zum Glück muss ich das aber auch nicht sein, denn ich habe eine sehr für­sorg­li­che Mut­ter, die je­der­zeit al­les ste­hen und lie­gen lässt, um zu mir zu kom­men oder mich ab­zu­ho­len, wenn ich sie brau­che. Nach­dem sie letz­tes Jahr nach 45 Dienst­jah­ren als Leh­re­rin, in de­nen sie fast durch­ge­hend voll ge­ar­bei­tet hat, in den wohl­ver­dien­ten Ru­he­stand ge­gan­gen ist, hät­te sie ei­gent­lich mal eine Pau­se ver­dient ge­habt und lan­ge Ur­lau­be au­ßer­halb der Fe­ri­en­zei­ten. Statt­des­sen kam ich mit mei­ner Dia­gno­se um die Ecke. Au­ßer­dem durch­kreuz­te Co­ro­na alle Ur­laubs­plä­ne und auch ihre ehe­ma­li­ge Klas­se durf­te sie auf­grund der Co­ro­nabe­schrän­kun­gen nicht be­su­chen. Statt ihre Zeit mit ei­nem le­cke­ren Mus­cat (Li­kör) am Strand von Ham­ma­met zu ver­brin­gen, er­kun­dig­te sie sich über die Er­stat­tung von Kin­der­wunsch­be­hand­lun­gen, las Bü­cher über Er­näh­rung bei Che­mo­the­ra­pie, näh­te Müt­zen für mich und war­te­te stun­den­lang auf dem UKE-Ge­län­de, wenn ich mei­ne KMT-Am­bu­lanz-Ter­mi­ne hat­te. Be­vor ich ins Kran­ken­haus kam, wusch sie ge­fühl­te 10 Ma­schi­nen Wä­sche, da­mit al­les frisch ge­wa­schen ein­ge­packt wer­den konn­te. Auch nach dem Kran­ken­haus­auf­ent­halt nahm sie re­gel­mä­ßig mei­ne Wä­sche mit und brach­te sie sau­ber und ge­fal­tet wie­der zu­rück. Prin­zi­pi­ell könn­te (dürf­te) ich sel­ber wa­schen, doch un­se­re Wasch­ma­schi­ne be­fin­det sich im Kel­ler, der fünf Trep­pen von un­se­rer Haus­tür ent­fernt ist. Der Putz brö­ckelt dort von den Wän­den und es ist ziem­lich stau­big. Zu­dem lau­fe ich im­mer Ge­fahr, Kin­dern zu be­geg­nen, die durchs Trep­pen­haus lau­fen (Wer es noch nicht weiß: Wie woh­nen in ei­ner Schu­le). Ab­ge­se­hen da­von bin ich kon­di­tio­nell noch nicht in der Lage, mit ei­nem ge­füll­ten Wä­sche­korb die Trep­pen run­ter und gleich wie­der hoch zu ge­hen. Ich bin mei­ner Mut­ter also auch da­für sehr dankbar!

Kör­per­li­che Verfassung

Wie oben be­reits er­wähnt, litt ich fast den ge­sam­ten Mo­nat un­ter Hus­ten, Schnup­fen, Kopf­schmer­zen, Übel­keit und Er­bre­chen. Bes­ser wur­de es erst nach dem KMT-Am­bu­lanz­ter­min am 23. April. Auf­grund mei­ner Er­käl­tungs­sym­pto­me (die zu die­sem Zeit­punkt be­reits seit über vier Wo­chen an­hiel­ten, was ich auch sag­te) schick­te mich die Schwes­ter am Emp­fang zum Co­ro­na­test­zelt vor dem UKE-Ge­bäu­de. Ohne ne­ga­ti­ven Test woll­te sie mich nicht in die Am­bu­lanz las­sen. Mei­ne Ärz­tin fragt spä­ter nur: „Wer hat Sie denn über­haupt da hin­ge­schickt? Das war doch to­tal un­nö­tig, ihre Sym­pto­me sind doch längst ab­ge­klärt und be­stehen schon seit fast 5 Wo­chen!“ Naja, lie­ber über­vor­sich­tig als an­ders­rum, aber ner­vig war es trotz­dem. Im Test­zelt war es ganz nett. Es stell­te sich her­aus, dass der Typ an der Ein­ga­be qua­si mein Nach­bar ist. Das Test­stäb­chen wur­de nur vor­ne in die Nase ge­steckt und nicht bis nach hin­ten durch. Es hat irre ge­kit­zelt, wes­halb ich to­tal ki­chern muss­te, wor­auf­hin die Tes­te­r­in und die an­de­ren An­we­sen­den auch zu la­chen an­fin­gen. Mit mei­nem ne­ga­ti­ven Test wur­de ich dann auch end­lich in die Am­bu­lanz ge­las­sen, wo ich wie­der in ei­nem Ex­tra­raum Platz neh­men soll­te, um die an­de­ren Pa­ti­en­ten mit mei­nem Hus­ten nicht zu ver­schre­cken. Da die Räu­me nor­ma­ler­wei­se für In­fu­sio­nen etc. ge­nutzt wer­den, ste­hen dort viel be­que­me­re Stüh­le als im War­te­zim­mer, bei de­nen man mit ei­ner Fern­be­die­nung die Rü­cken­leh­ne und das Fuß­teil so ver­stel­len kann, dass man bei­na­he liegt. Da ich ein gu­tes Buch und mei­ne Air­Pods da­bei hat­te, war die zwei­stün­di­ge War­te­zeit recht an­ge­nehm. Ich muss­te für die Blut­ab­nah­me noch nicht mal in den da­für vor­ge­se­he­nen Raum ge­hen, son­dern be­kam Be­such von ei­ner net­ten Schwes­ter, die die Ab­nah­me vor Ort durch­führ­te. Was für ein Luxus!

Nach­dem ich schließ­lich von mei­ner Ärz­tin ins Be­hand­lungs­zim­mer ge­ru­fen wor­den war, prä­sen­tier­te sie mir ein sehr schö­nes Blut­bild. Das be­ru­hig­te mich schon mal un­ge­mein, da es mir kör­per­lich ja nicht so gut ging und ich be­fürch­tet hat­te, dass sich das auch in mei­nem Blut­bild wi­der­spie­geln wür­de. Als ich mei­ne Be­schwer­den schil­der­te, fiel mir auf, dass ich ir­gend­wie ein dump­fes Ge­fühl auf den Oh­ren hat­te und ich mei­ne Ärz­tin nicht klar ver­ste­hen konn­te. Als ich ihr das sag­te und da­bei an mei­ne Oh­ren fass­te, muss­te ich fest­stel­len, dass ich ver­ges­sen hat­te, mei­ne Air­Pods her­aus­zu­neh­men! Pein­lich! Wir muss­ten bei­de über mei­ne Dumm­heit la­chen und ich frag­te: „Wie­so sa­gen Sie denn nichts? Das ist doch to­tal un­höf­lich von mir, wenn ich hier mit Kopf­hö­rern in den Oh­ren sit­ze!“ Oh man, ich kam mir wirk­lich rich­tig dumm vor. Aber im­mer­hin ver­schwand das dump­fe Ge­fühl so­fort, als ich die Air­Pods ablegte…

Der an­dau­ern­de Hus­ten hat­te bei mir in­zwi­schen zu mit­tel­star­ken Brust­korb- und Rü­cken­schmer­zen ge­führt. Da­her ver­schrieb mir die Ärz­tin Mas­sa­gen mit Wär­me­be­hand­lung und bat mich, mir ei­nen CT-Ter­min ge­ben zu las­sen, um ab­zu­klä­ren, ob In­fil­tra­te in mei­ner Lun­ge vor­han­den sind. Auf­grund der üb­ri­gen Be­schwer­den be­schloss mei­ne Ärz­tin, mein Im­mun­sup­pres­si­vum zu wech­seln. Statt der zwei bom­bas­ti­schen und nach scha­lem Bier stin­ken­den San­d­im­mun-Ta­blet­ten soll­te ich in Zu­kunft nur noch eine win­zi­ge, ge­ruchs­neu­tra­le Pro­graf-Kap­sel schlu­cken. Die Ne­ben­wir­kun­gen wür­den wahr­schein­lich sehr viel we­ni­ger be­las­tend sein. „Ich glau­be, Sie wer­den mir dank­bar sein“, sag­te mei­ne Ärz­tin. Sie hat­te SO­WAS von Recht! Schon nach we­ni­gen Ta­gen merk­te ich den Un­ter­schied. Ich hat­te kei­ne Kopf­schmer­zen, kei­ne Übel­keit, kein Er­bre­chen und kei­ne de­pres­si­ven Ver­stim­mun­gen mehr. Statt­des­sen ta­ten mir mei­ne Mus­keln, mei­ne Nie­ren und mei­ne Ge­len­ke et­was weh, aber da­mit kam ich bes­ser zu­recht als mit dem an­de­ren Sch***. Ach­so, eine ko­mi­sche Ne­ben­wir­kung habe ich von dem Pro­graf be­kom­men: ein selt­sa­mes Hit­ze­ge­fühl an der Au­ßen­sei­te mei­nes lin­ken Knö­chels, das im­mer mal wie­der auf­kommt, als wür­de mir je­mand hei­ßes Was­ser über das Fuß­ge­lenk gießen.

Er­in­nert ihr euch dar­an, wie ich wäh­rend des Kran­ken­haus­auf­ent­halts er­zählt habe, dass mei­ne Fuß­soh­len bren­nen und dass die Schwes­ter mein­te, es kön­ne auch zu Ver­bren­nun­gen un­ter der Haut kom­men? An­schei­nend war das bei mir der Fall, denn nach etwa sie­ben Wo­chen be­gan­nen mei­ne Fuß­soh­len da­mit, sich ab­zu­lö­sen. Das war echt hef­tig und ek­lig, aber im­mer­hin war die neue Haut (un­ter dem ab­ge­lös­ten Teil) schon kom­plett fer­tig und weich. Das Lau­fen tat zu­nächst et­was weh, aber nach ein paar Ta­gen war der Spuk vorbei.

Mei­ne Haa­re fan­gen auch wie­der an zu wach­sen, al­ler­dings kom­men sie noch sehr un­gleich­mä­ßig und fle­ckig. Des­halb ra­sie­re ich mir den Kopf lie­ber nass, bis sie gleich­mä­ßig wie­der­kom­men. Mei­ne Mut­ter und Jan wa­ren üb­ri­gens sehr be­sorgt, als ich ih­nen ei­nes Vor­mit­tags sag­te, dass ich mir jetzt al­lei­ne mit ei­ner schar­fen Klin­ge am Klopf rum­han­tie­ren wer­de. Aber ich hab es per­fekt hin­be­kom­men, ohne mich zu schnei­den. Mei­ne Au­gen­brau­en und Wim­pern sind üb­ri­gens auch wie­der lü­cken­los nach­ge­wach­sen, wor­über ich mich sehr freue.

Schö­ne Momente

Auch, wenn mein All­ge­mein­zu­stand nicht der bes­te war, gab es im April auch ei­ni­ge sehr schö­ne Mo­men­te für mich. Zum Bei­spiel schien an mei­nem Ge­burts­tag den gan­zen Tag die Son­ne, ich be­kam Ge­schen­ke und Be­such von mei­ner Familie.

Als das Wet­ter zwi­schen­durch mal ganz gut war, hat sich Jan un­se­ren Bal­kon vor­ge­nom­men, den al­ten (halb ver­rot­te­ten) Holz­bo­den und die Schilf­mat­te ent­fernt, neu­en Bo­den ver­legt, ein Son­nen­se­gel an­ge­baut, eine neue Schilf­mat­te an­ge­bracht  und ei­nen Bal­kon­schrank ge­baut. Wenn jetzt die Son­ne raus­kommt, ist es auf dem Bal­kon echt herrlich!

Au­ßer­dem habe ich da­mit be­gon­nen, ein Kunst­pro­jekt zu pla­nen, in dem es vor al­lem um die In­te­gra­ti­on von Frau­en mit Flucht­hin­ter­grund ge­hen soll. Ich bin hoch­mo­ti­viert, konn­te aber auf­grund der Co­ro­nabe­stim­mun­gen bis­her noch nicht da­mit star­ten. Au­ßer­dem bin ich noch auf der Su­che nach ei­nem ge­eig­ne­ten Raum. Even­tu­ell kön­nen wir für ei­ni­ge Zeit in die al­ten Räum­lich­kei­ten des WA. An­sons­ten ste­hen noch ein paar an­de­re Al­ter­na­ti­ven auf mei­ner Lis­te, die ich in nächs­ter Zeit mal ab­klap­pern wer­de. Mir hilft die­ses Vor­ha­ben jetzt schon da­bei, mich von mei­nen Pro­ble­men ab­zu­len­ken. Ich habe mo­men­tan ei­nen sehr gro­ßen Drang, et­was „zu schaf­fen“. Mei­ne Ärz­tin ist al­ler­dings noch nicht so begeistert…Ihr wäre es wahr­schein­lich lie­ber, ich wür­de mit dem Start des Pro­jek­tes war­ten, bis mein Im­mun­sys­tem et­was stär­ker ist und ich zu­min­dest ge­gen Co­ro­na ge­impft bin. Mal se­hen, im Mo­ment spricht die Co­ro­na­ver­ord­nung wie ge­sagt eh ge­gen ei­nen bal­di­gen Start.

Wor­über ich mich in die­sem Jahr be­son­ders oft ge­freut habe, war SPAR­GEL. Ich lie­be Spar­gel mit Kar­tof­feln, Sau­ce Hol­lon­dai­se und Schin­ken­wür­feln. Wenn eine die­ser Kom­po­nen­ten fehlt, bin ich raus (Wo­bei Jan und ich uns ei­nig sind, dass man bei die­sem Es­sen am ehes­ten auf den Spar­gel ver­zich­ten könn­te). Wir ha­ben bis­her min­des­tens vier­mal Spar­gel ge­ges­sen und es wer­den si­cher noch ei­ni­ge Male folgen!

Mein letz­tes April-High­light war das Zoom-Mee­ting mit mei­nen Hap­py Hip­pos. An­fang 1997 grün­de­te mei­ne Mut­ter das Ju­gend­rot­kreuz (JRK) in Win­sen, um ei­nen Rah­men zu schaf­fen, in dem sich zum ei­nen ihre Schü­ler, die nach der vier­ten Klas­se die Grund­schu­le ver­lie­ßen, wei­ter­hin tref­fen konn­ten. Zum an­de­ren war es auch eine gute Mög­lich­keit für mei­nen Bru­der und mich, au­ßer­schu­lisch et­was in ei­ner „ge­lei­te­ten“ Grup­pe zu un­ter­neh­men. Ich be­fand mich zu die­sem Zeit­punkt in der drit­ten, mein Bru­der in der fünf­ten Klas­se. Wir re­kru­tier­ten un­se­re Freun­de und Nach­bars­kin­der und ga­ben uns den wun­der­ba­ren Na­men Hap­py Hip­pos. Auf die Idee ka­men wir, da es in Neu Wulmstorf be­reits die Pep­py Pin­gos gab und wir au­ßer­dem gro­ße Ü‑Ei-Fi­gu­ren-Samm­ler wa­ren. Für alle, die nur die heu­ti­gen Bil­lig-Über­ra­schungs­ei­er ken­nen: Die Fi­gu­ren wa­ren da­mals noch von rich­tig gu­ter Qua­li­tät, steck­ten vol­ler Lie­be zum De­tail und wa­ren alle von Hand be­malt. Je­den­falls sind wir dem Grup­pen­na­men bis zum Schluss (mit 27 Jah­ren en­det das JRK-Al­ter) treu ge­blie­ben. In un­se­ren Grup­pen­stun­den un­ter­nah­men wir die un­ter­schied­lichs­ten Din­ge und lern­ten sehr viel ab­seits der Schul­in­hal­te. Wir lern­ten Ers­te Hil­fe, eig­ne­ten uns sehr viel Rot-Kreuz-Wis­sen an und plan­ten so­zia­le Pro­jek­te, die wir an­schlie­ßend um­setz­ten. Da­ne­ben gab es alle paar Jah­re eine neue Kam­pa­gne des JRKs, die wir the­ma­ti­sier­ten. Hier ging es um The­men wie Land­mi­nen, Kin­der­sol­da­ten, Ar­mut und Ge­walt. Wir lern­ten schnell, dass un­ser pri­vi­le­gier­tes Kin­der­le­ben ganz und gar nicht selbst­ver­ständ­lich ist, wenn man mal über die ei­ge­nen Gren­zen hin­aus­schaut. Spä­ter ging es dann auch um The­men wie den Kli­ma­wan­del, mit dem wir uns 2012 be­son­ders in­ten­siv be­schäf­tig­ten. Un­ser Ehr­geiz und un­ser Kön­nen wur­den je­des Jahr auf JRK-Wett­be­wer­ben, die je­weils an ei­nem Wo­chen­en­de statt­fan­den, auf die Pro­be ge­stellt. Von den fünf Be­rei­chen, aus de­nen je­der Wett­be­werb be­stand, ge­fiel uns am bes­ten der Mu­si­sche Be­reich. Wir alle lieb­ten es, Thea­ter zu spie­len, zu sin­gen und zu tan­zen. In den ver­gan­ge­nen 24 Jah­ren ha­ben wir et­li­che Thea­ter­stü­cke zu den un­ter­schied­lichs­ten The­men ge­schrie­ben und um­ge­setzt. Meis­tens hat­ten wir hier­für nur zwei Tage Zeit. Das Ziel, un­ter Zeit­druck gut ab­zu­lie­fern und spon­tan krea­ti­ve Ideen zu ent­wi­ckeln und um­zu­set­zen hat mir auf je­den Fall in mei­nem wei­te­ren Le­ben (vor al­lem als Leh­re­rin) ge­hol­fen. Wir wa­ren als Grup­pe echt gut. Ge­krönt wur­de un­ser Hap­py Hip­po – Glück 2006, als wir in Frank­furt den Bun­des­wett­be­werb als bes­te Grup­pe Deutsch­lands ge­wan­nen. Das kol­lek­ti­ve Hoch­ge­fühl, das wir bei der un­er­war­te­ten Ver­kün­dung un­se­res Sie­ges er­leb­ten, war unbeschreiblich.

Das Ge­fühl, Teil ei­ner Grup­pe zu sein, die rich­tig gut „funk­tio­niert“, in der sich je­der auf den an­de­ren ver­las­sen kann, in der nie­mand fer­tig ge­macht wird, wenn er mal „ver­sagt“ und in der man die an­de­ren Teil­neh­mer in­klu­si­ve ih­rer Stär­ken und Schwä­chen kennt wie sich selbst, ist un­heim­lich schön und hat glau­be ich ei­nen sehr gro­ßen Ein­fluss auf uns alle ge­habt. Wir ha­ben et­li­che Rei­sen un­ter­nom­men und vie­le Ur­lau­be an der Nord­see ver­bracht. Heu­te weiß ich mehr denn je, dass ich mich im­mer zu 100% auf mei­ne Hap­py Hip­pos ver­las­sen kann und dass ich sie bis zum Ende mei­nes Le­bens hof­fent­lich nie ver­lie­ren wer­de. Wieb­ke, Iri­na, Alex­an­dra, Ai­leen, Eva, Mi­chel­le und Jan, ICH HAB EUCH LIEB!

Üb­ri­gens sind mei­ne Grup­pen­mit­glie­der ge­ra­de da­bei, eine neue Grup­pe zu „pro­du­zie­ren“. ACHT Kin­der sind schon da, zwei kom­men noch im Lau­fe die­ses Jah­res dazu. Auch, wenn un­se­re Wohn­or­te teil­wei­se sehr weit aus­ein­an­der­lie­gen (Lü­ne­burg, Win­sen, Buch­holz, Ham­burg, Pa­ris, L.A.) und wir uns nicht mehr so oft tref­fen kön­nen (Dank Co­ro­na so­wie­so nicht), sind mir mei­ne Freun­de nie­mals fremd und es kommt mir im­mer so vor, als hät­te man sich ges­tern erst ge­se­hen. Naja, au­ßer na­tür­lich, die Kin­der sind da­bei, dann er­schre­cke ich mich im­mer ge­wal­tig, wie groß die plötz­lich ge­wor­den sind.

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Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. Michelle

    Oh end­lich hab ich den Ta­ge­buch-Ein­trag ge­le­sen und ein biss­chen feuch­te Au­gen be­kom­men 🙂 die Hap­py Hip­pos sind wirk­lich un­glaub­lich be­son­de­re Men­schen und un­se­re ge­mein­sa­men Er­in­ne­run­gen un­be­zahl­bar. Ich hab dich lieb!

    PS: Üb­ri­gens wie gut, dass dein Päck­chen so schnell an­ge­kom­men ist. Ich hab am glei­chen Tag eins für mei­ne El­tern los­ge­schickt und das war zwi­schen­durch so­gar wie­der in LA (laut Sen­de­ver­fol­gung), aber ist dann nach 6 Wo­chen ganz über­ra­schend den­noch bei mei­nen El­tern angekommen…!

  2. Susanne Brüggemann

    Dan­ke für die lie­ben Wor­te zu mir mein Kind. Es ist mir eine Freu­de dir zu hel­fen. Auch über die schö­ne Be­schrei­bung un­se­rer Hap­py Hip­po Grup­pe habe ich mich sehr ge­freut. Es tut mir kei­ne Stun­de leid, die ich mit euch al­len ver­bracht habe und als ein­zi­ge Ge­gen­leis­tung, hof­fe ich auf Be­su­che von euch, wenn ich mal rich­tig alt bin und nur noch im Zim­mer sit­zen und aus dem Fens­ter gu­cken kann.
    So­lan­ge könnt ihr auch eure Kin­der bei mir abgeben!

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