Im letzten Monat ist – für Coronaverhältnisse – ziemlich viel los gewesen. Zuerst war Ostern, am Wochenende darauf hatte meine Mutter Geburtstag und noch eine Woche später war mein eigener Geburtstag. Gesundheitlich ging es bei mir ziemlich heftig auf und ab, wobei ich durchgehend – inzwischen sind es 5 Wochen – an starkem Husten und Schnupfen litt. Hinzu kam immer wieder eine gewisse Grundübelkeit gepaart mit Appetitlosigkeit und teils sehr starken Kopfschmerzen. Es gab einige Tage, an denen ich schon beim Aufwachen wusste „Das wird heut nichts“. Meistens behielt ich Recht und übergab mich dann kurz darauf. Kotzen ist wirklich eklig! Man versucht ja meistens, sich ein bisschen gewählter auszudrücken und Formulierungen wie „Erbrechen“ oder „sich übergeben“ zu verwenden, aber gerade in Bezug auf „Kotzen“ finde ich das Wort eigentlich sehr treffend. Es klingt so wie der Vorgang abläuft ohne irgendwas zu beschönigen oder zu verharmlosen.
Selbstüberschätzung und Grenzen
Seit dem Tag, an dem ich Fieber hatte und der Husten begann (20.03.) fühlte ich mich durchgehend schlapp und kränklich, auch wenn ich zwischenzeitlich ganz gute Phasen hatte, in denen ich dann meistens auch gleich mit meinen Aktivitäten heillos übertrieben habe und am Ende noch kaputter war als vorher. So war ich z.B. eine ganze Zeit lang mit meiner Mutter bei T+T und habe mit ihr Bodenbeläge, Tapeten, Farben und Dekokram angeguckt. Ich liebe diesen Laden, weil es da immer so schön leer und ruhig ist. Außerdem mag ich die Dekotische sehr gerne, da die Sachen alle qualitativ hochwertig aussehen und so schön angeordnet sind. Nachdem wir uns gefühlt zwei Stunden bei T+T aufgehalten hatten, wollte meine Mutter mich nach Hause fahren, weil ich schon ziemlich schwach wirkte, aber ich wollte unbedingt noch kurz zu OBI! Leider musste ich vor Ort dann aber ebenfalls feststellen, dass ich mit meinen Kräften am Ende war und ließ mich deshalb auf dem Boden zwischen den Lampenregalen nieder.
Ein anderes Mal räumte ich meine Schreibtischschublade auf und dachte mir, dass es sinnvoll wäre, ein paar kleine Schalen oder Dosen zum Sortieren zu verwenden, damit nicht immer wieder alles durcheinanderfliegt. Daher wollte ich zunächst im Tupperschrank nachsehen, ob ich ein paar Dosen habe, die eh keinen Deckel mehr besitzen (wo auch immer diese Deckel sind?!). Irgendwie kam ich dann vom Kurs ab und endete in einer Küche, in der einfach überall Tupperdosen, Coffe-To-Go-Becher, Thermoskannen, Schalen, Siebe, Töpfe, Pfannen, Mixer und Backutensilien auf den Ablageflächen standen. Ich hatte nämlich mitten in meinem Suchprozess beschlossen, den kompletten Schrank aus- und umzuräumen. Leider verließ mich genau an diesem Höhepunkt des Chaos (ab diesem Punkt wird alles wieder besser) meine komplette Kraft und ich musste mich sofort hinlegen. Jan freute sich natürlich riesig über die „Überraschung“ als er von der Arbeit nach Hause kam. Der Inhalt der Schreibtischschublade war über den kompletten Tisch (der momentan im Wohnzimmer steht) verteilt und die Küche sah aus wie nach einem Bombenangriff. Immerhin hab ich mich entschuldigt. Es ist für mich echt schwer, einzusehen, dass mein Körper mehr Ruhe braucht, als mein Kopf vermutet. Aber inzwischen habe ich mich (denke ich) ganz gut im Griff.
Ostern
Ich hatte zum ersten Mal in meinem Leben Zeit, um ein paar Osterkarten zu basteln. Tatsächlich habe ich sogar die meisten davon rechtzeitig verteilt! Jedoch haben mal wieder nicht alle Karten ihr Ziel erreicht, denn nachdem Jan und ich am Karfreitag eine große Ostergrüße-einwerfen-Runde gefahren sind, bekam ich höllische Kopfschmerzen und Übelkeit. Schuld daran war vermutlich eine Medikamentenumstellung von Donnerstag auf Freitag. Da das CMV-Virus endlich nicht mehr nachweisbar war, durfte ich die entsprechenden Tabletten absetzen, musste aber gleichzeitig mein Sandimmun von 100mg auf 150mg erhöhen. Am nächsten Morgen ging es mir immer noch total schlecht und ich musste mich viermal übergeben. Ich rief auf der Station im UKE an, wo man mir sagte, ich solle erstmal nur 125mg Sandimmun, Novalgin-Tropfen gegen die Schmerzen und MCP-Tabletten gegen die Übelkeit nehmen. Glücklicherweise hatte ich die richtigen Medikamente zu Hause, sodass ich abends fit genug war, um mit Jan zu meinem Bruder und Meike zu fahren. Wir haben gegrillt und anschließend ein (für Gartenverhältnisse) riesiges Osterfeuer entzündet. Jan und Jan gingen beim Feuermachen und Holznachlegen ihren Urinstinkten nach und fühlten sich glaube ich mal so richtig männlich. Ostersonntag besuchten wir meine Eltern zum Kaffeetrinken und aßen leckere Torte und Biskuitrolle.
Mein feuchter Tiguan
Während des letzten Monats hat mein Vater in mühseliger Kleinstarbeit meinen kompletten Autoinnenraum auseinandergenommen, weil der Ablaufkanal meines Panoramadachfensters verstopft war und das Wasser deshalb in den Innenraum abgeleitet wurde. Das Wasser stand zentimeterhoch! Leider kann man beim Tiguan nicht einfach die Fußmatten rausnehmen, trocknen lassen, alles auswischen und gut ist. Nee, beim Tiguan ist der Boden aufgebaut wie ein riesiger Schwamm, der aus mehreren sehr saugfähigen und unerreichbaren Schichten besteht, die wiederum am eigentlichen Boden festgeklebt sind. Um den Teppich (und alles was darunter ist) rausnehmen zu können, muss man tatsächlich die Vordersitze und die Mittelkonsole ausbauen! Wer denkt sich denn sowas aus? Und wer baut überhaupt den Ablaufkanal des Dachfensters so, dass das Wasser im Falle einer Verstopfung in den Fußraum läuft? Hinzu kommt, dass dieses Problem beim VW Tiguan bekannt und an der Tagesordnung ist. Trotzdem wird zu keiner Zeit routinemäßig geprüft, ob der Kanal vielleicht verstopft ist, um so eine Katastrophe zu verhindern. Mein Auto war erst letztes Jahr in der Inspektion! Superätzend. Von allein kommt man ja auch nicht darauf, dass so etwas passieren könnte. Daher mein Tipp an alle Tiguan-mit-Dachfenster-Besitzer: Lasst regelmäßig diesen blöden Ablaufkanal überprüfen! Hätte mein Vater nicht so viel Zeit und Arbeit in mein Auto investiert, hätte ich wohl ein paar Tausender in der Werkstatt lassen oder mein Auto verschimmeln lassen können. Danke, Papa!!!
Gedrückte Stimmung
Zwischendurch bekam ich zusätzlich zu meinen normalen Medikamenten ein Antibiotikum, damit sich nicht noch irgendwas „auf meinen Husten draufsetzt“. Ich weiß nicht genau was meine Ärztin mit dieser Formulierung meinte, aber ich nahm die Tabletten nach Vorschrift ein. Als eine Nebenwirkung verschlechterte sich meine Grundstimmung erheblich und ich hatte zeitweise mit richtig depressiven Phasen zu kämpfen, in denen ich die Sinnhaftigkeit meines Lebens und überhaupt der ganzen Welt in Frage stellte. Wie aus dem Nichts fing ich plötzlich an zu weinen oder verspürte zumindest den Drang, gleich losheulen zu wollen. Deshalb war Jan auch mindestens so froh wie ich selbst, als ich das Antibiotikum wieder absetzen durfte und sich meine Laune wieder etwas besserte. Allerdings wurde meine Stimmung eh schon durch das Sandimmun (Immunsuppressivum), das ich seit der Transplantation nehmen musste, gedrückt.
Mama
Wenn es mir psychisch nicht gut geht, bin ich ungern mit meinen Gedanken allein. Zum Glück muss ich das aber auch nicht sein, denn ich habe eine sehr fürsorgliche Mutter, die jederzeit alles stehen und liegen lässt, um zu mir zu kommen oder mich abzuholen, wenn ich sie brauche. Nachdem sie letztes Jahr nach 45 Dienstjahren als Lehrerin, in denen sie fast durchgehend voll gearbeitet hat, in den wohlverdienten Ruhestand gegangen ist, hätte sie eigentlich mal eine Pause verdient gehabt und lange Urlaube außerhalb der Ferienzeiten. Stattdessen kam ich mit meiner Diagnose um die Ecke. Außerdem durchkreuzte Corona alle Urlaubspläne und auch ihre ehemalige Klasse durfte sie aufgrund der Coronabeschränkungen nicht besuchen. Statt ihre Zeit mit einem leckeren Muscat (Likör) am Strand von Hammamet zu verbringen, erkundigte sie sich über die Erstattung von Kinderwunschbehandlungen, las Bücher über Ernährung bei Chemotherapie, nähte Mützen für mich und wartete stundenlang auf dem UKE-Gelände, wenn ich meine KMT-Ambulanz-Termine hatte. Bevor ich ins Krankenhaus kam, wusch sie gefühlte 10 Maschinen Wäsche, damit alles frisch gewaschen eingepackt werden konnte. Auch nach dem Krankenhausaufenthalt nahm sie regelmäßig meine Wäsche mit und brachte sie sauber und gefaltet wieder zurück. Prinzipiell könnte (dürfte) ich selber waschen, doch unsere Waschmaschine befindet sich im Keller, der fünf Treppen von unserer Haustür entfernt ist. Der Putz bröckelt dort von den Wänden und es ist ziemlich staubig. Zudem laufe ich immer Gefahr, Kindern zu begegnen, die durchs Treppenhaus laufen (Wer es noch nicht weiß: Wie wohnen in einer Schule). Abgesehen davon bin ich konditionell noch nicht in der Lage, mit einem gefüllten Wäschekorb die Treppen runter und gleich wieder hoch zu gehen. Ich bin meiner Mutter also auch dafür sehr dankbar!
Körperliche Verfassung
Wie oben bereits erwähnt, litt ich fast den gesamten Monat unter Husten, Schnupfen, Kopfschmerzen, Übelkeit und Erbrechen. Besser wurde es erst nach dem KMT-Ambulanztermin am 23. April. Aufgrund meiner Erkältungssymptome (die zu diesem Zeitpunkt bereits seit über vier Wochen anhielten, was ich auch sagte) schickte mich die Schwester am Empfang zum Coronatestzelt vor dem UKE-Gebäude. Ohne negativen Test wollte sie mich nicht in die Ambulanz lassen. Meine Ärztin fragt später nur: „Wer hat Sie denn überhaupt da hingeschickt? Das war doch total unnötig, ihre Symptome sind doch längst abgeklärt und bestehen schon seit fast 5 Wochen!“ Naja, lieber übervorsichtig als andersrum, aber nervig war es trotzdem. Im Testzelt war es ganz nett. Es stellte sich heraus, dass der Typ an der Eingabe quasi mein Nachbar ist. Das Teststäbchen wurde nur vorne in die Nase gesteckt und nicht bis nach hinten durch. Es hat irre gekitzelt, weshalb ich total kichern musste, woraufhin die Testerin und die anderen Anwesenden auch zu lachen anfingen. Mit meinem negativen Test wurde ich dann auch endlich in die Ambulanz gelassen, wo ich wieder in einem Extraraum Platz nehmen sollte, um die anderen Patienten mit meinem Husten nicht zu verschrecken. Da die Räume normalerweise für Infusionen etc. genutzt werden, stehen dort viel bequemere Stühle als im Wartezimmer, bei denen man mit einer Fernbedienung die Rückenlehne und das Fußteil so verstellen kann, dass man beinahe liegt. Da ich ein gutes Buch und meine AirPods dabei hatte, war die zweistündige Wartezeit recht angenehm. Ich musste für die Blutabnahme noch nicht mal in den dafür vorgesehenen Raum gehen, sondern bekam Besuch von einer netten Schwester, die die Abnahme vor Ort durchführte. Was für ein Luxus!
Nachdem ich schließlich von meiner Ärztin ins Behandlungszimmer gerufen worden war, präsentierte sie mir ein sehr schönes Blutbild. Das beruhigte mich schon mal ungemein, da es mir körperlich ja nicht so gut ging und ich befürchtet hatte, dass sich das auch in meinem Blutbild widerspiegeln würde. Als ich meine Beschwerden schilderte, fiel mir auf, dass ich irgendwie ein dumpfes Gefühl auf den Ohren hatte und ich meine Ärztin nicht klar verstehen konnte. Als ich ihr das sagte und dabei an meine Ohren fasste, musste ich feststellen, dass ich vergessen hatte, meine AirPods herauszunehmen! Peinlich! Wir mussten beide über meine Dummheit lachen und ich fragte: „Wieso sagen Sie denn nichts? Das ist doch total unhöflich von mir, wenn ich hier mit Kopfhörern in den Ohren sitze!“ Oh man, ich kam mir wirklich richtig dumm vor. Aber immerhin verschwand das dumpfe Gefühl sofort, als ich die AirPods ablegte…
Der andauernde Husten hatte bei mir inzwischen zu mittelstarken Brustkorb- und Rückenschmerzen geführt. Daher verschrieb mir die Ärztin Massagen mit Wärmebehandlung und bat mich, mir einen CT-Termin geben zu lassen, um abzuklären, ob Infiltrate in meiner Lunge vorhanden sind. Aufgrund der übrigen Beschwerden beschloss meine Ärztin, mein Immunsuppressivum zu wechseln. Statt der zwei bombastischen und nach schalem Bier stinkenden Sandimmun-Tabletten sollte ich in Zukunft nur noch eine winzige, geruchsneutrale Prograf-Kapsel schlucken. Die Nebenwirkungen würden wahrscheinlich sehr viel weniger belastend sein. „Ich glaube, Sie werden mir dankbar sein“, sagte meine Ärztin. Sie hatte SOWAS von Recht! Schon nach wenigen Tagen merkte ich den Unterschied. Ich hatte keine Kopfschmerzen, keine Übelkeit, kein Erbrechen und keine depressiven Verstimmungen mehr. Stattdessen taten mir meine Muskeln, meine Nieren und meine Gelenke etwas weh, aber damit kam ich besser zurecht als mit dem anderen Sch***. Achso, eine komische Nebenwirkung habe ich von dem Prograf bekommen: ein seltsames Hitzegefühl an der Außenseite meines linken Knöchels, das immer mal wieder aufkommt, als würde mir jemand heißes Wasser über das Fußgelenk gießen.
Erinnert ihr euch daran, wie ich während des Krankenhausaufenthalts erzählt habe, dass meine Fußsohlen brennen und dass die Schwester meinte, es könne auch zu Verbrennungen unter der Haut kommen? Anscheinend war das bei mir der Fall, denn nach etwa sieben Wochen begannen meine Fußsohlen damit, sich abzulösen. Das war echt heftig und eklig, aber immerhin war die neue Haut (unter dem abgelösten Teil) schon komplett fertig und weich. Das Laufen tat zunächst etwas weh, aber nach ein paar Tagen war der Spuk vorbei.
Meine Haare fangen auch wieder an zu wachsen, allerdings kommen sie noch sehr ungleichmäßig und fleckig. Deshalb rasiere ich mir den Kopf lieber nass, bis sie gleichmäßig wiederkommen. Meine Mutter und Jan waren übrigens sehr besorgt, als ich ihnen eines Vormittags sagte, dass ich mir jetzt alleine mit einer scharfen Klinge am Klopf rumhantieren werde. Aber ich hab es perfekt hinbekommen, ohne mich zu schneiden. Meine Augenbrauen und Wimpern sind übrigens auch wieder lückenlos nachgewachsen, worüber ich mich sehr freue.
Schöne Momente
Auch, wenn mein Allgemeinzustand nicht der beste war, gab es im April auch einige sehr schöne Momente für mich. Zum Beispiel schien an meinem Geburtstag den ganzen Tag die Sonne, ich bekam Geschenke und Besuch von meiner Familie.
Als das Wetter zwischendurch mal ganz gut war, hat sich Jan unseren Balkon vorgenommen, den alten (halb verrotteten) Holzboden und die Schilfmatte entfernt, neuen Boden verlegt, ein Sonnensegel angebaut, eine neue Schilfmatte angebracht und einen Balkonschrank gebaut. Wenn jetzt die Sonne rauskommt, ist es auf dem Balkon echt herrlich!
Außerdem habe ich damit begonnen, ein Kunstprojekt zu planen, in dem es vor allem um die Integration von Frauen mit Fluchthintergrund gehen soll. Ich bin hochmotiviert, konnte aber aufgrund der Coronabestimmungen bisher noch nicht damit starten. Außerdem bin ich noch auf der Suche nach einem geeigneten Raum. Eventuell können wir für einige Zeit in die alten Räumlichkeiten des WA. Ansonsten stehen noch ein paar andere Alternativen auf meiner Liste, die ich in nächster Zeit mal abklappern werde. Mir hilft dieses Vorhaben jetzt schon dabei, mich von meinen Problemen abzulenken. Ich habe momentan einen sehr großen Drang, etwas „zu schaffen“. Meine Ärztin ist allerdings noch nicht so begeistert…Ihr wäre es wahrscheinlich lieber, ich würde mit dem Start des Projektes warten, bis mein Immunsystem etwas stärker ist und ich zumindest gegen Corona geimpft bin. Mal sehen, im Moment spricht die Coronaverordnung wie gesagt eh gegen einen baldigen Start.
Worüber ich mich in diesem Jahr besonders oft gefreut habe, war SPARGEL. Ich liebe Spargel mit Kartoffeln, Sauce Hollondaise und Schinkenwürfeln. Wenn eine dieser Komponenten fehlt, bin ich raus (Wobei Jan und ich uns einig sind, dass man bei diesem Essen am ehesten auf den Spargel verzichten könnte). Wir haben bisher mindestens viermal Spargel gegessen und es werden sicher noch einige Male folgen!
Mein letztes April-Highlight war das Zoom-Meeting mit meinen Happy Hippos. Anfang 1997 gründete meine Mutter das Jugendrotkreuz (JRK) in Winsen, um einen Rahmen zu schaffen, in dem sich zum einen ihre Schüler, die nach der vierten Klasse die Grundschule verließen, weiterhin treffen konnten. Zum anderen war es auch eine gute Möglichkeit für meinen Bruder und mich, außerschulisch etwas in einer „geleiteten“ Gruppe zu unternehmen. Ich befand mich zu diesem Zeitpunkt in der dritten, mein Bruder in der fünften Klasse. Wir rekrutierten unsere Freunde und Nachbarskinder und gaben uns den wunderbaren Namen Happy Hippos. Auf die Idee kamen wir, da es in Neu Wulmstorf bereits die Peppy Pingos gab und wir außerdem große Ü‑Ei-Figuren-Sammler waren. Für alle, die nur die heutigen Billig-Überraschungseier kennen: Die Figuren waren damals noch von richtig guter Qualität, steckten voller Liebe zum Detail und waren alle von Hand bemalt. Jedenfalls sind wir dem Gruppennamen bis zum Schluss (mit 27 Jahren endet das JRK-Alter) treu geblieben. In unseren Gruppenstunden unternahmen wir die unterschiedlichsten Dinge und lernten sehr viel abseits der Schulinhalte. Wir lernten Erste Hilfe, eigneten uns sehr viel Rot-Kreuz-Wissen an und planten soziale Projekte, die wir anschließend umsetzten. Daneben gab es alle paar Jahre eine neue Kampagne des JRKs, die wir thematisierten. Hier ging es um Themen wie Landminen, Kindersoldaten, Armut und Gewalt. Wir lernten schnell, dass unser privilegiertes Kinderleben ganz und gar nicht selbstverständlich ist, wenn man mal über die eigenen Grenzen hinausschaut. Später ging es dann auch um Themen wie den Klimawandel, mit dem wir uns 2012 besonders intensiv beschäftigten. Unser Ehrgeiz und unser Können wurden jedes Jahr auf JRK-Wettbewerben, die jeweils an einem Wochenende stattfanden, auf die Probe gestellt. Von den fünf Bereichen, aus denen jeder Wettbewerb bestand, gefiel uns am besten der Musische Bereich. Wir alle liebten es, Theater zu spielen, zu singen und zu tanzen. In den vergangenen 24 Jahren haben wir etliche Theaterstücke zu den unterschiedlichsten Themen geschrieben und umgesetzt. Meistens hatten wir hierfür nur zwei Tage Zeit. Das Ziel, unter Zeitdruck gut abzuliefern und spontan kreative Ideen zu entwickeln und umzusetzen hat mir auf jeden Fall in meinem weiteren Leben (vor allem als Lehrerin) geholfen. Wir waren als Gruppe echt gut. Gekrönt wurde unser Happy Hippo – Glück 2006, als wir in Frankfurt den Bundeswettbewerb als beste Gruppe Deutschlands gewannen. Das kollektive Hochgefühl, das wir bei der unerwarteten Verkündung unseres Sieges erlebten, war unbeschreiblich.
Das Gefühl, Teil einer Gruppe zu sein, die richtig gut „funktioniert“, in der sich jeder auf den anderen verlassen kann, in der niemand fertig gemacht wird, wenn er mal „versagt“ und in der man die anderen Teilnehmer inklusive ihrer Stärken und Schwächen kennt wie sich selbst, ist unheimlich schön und hat glaube ich einen sehr großen Einfluss auf uns alle gehabt. Wir haben etliche Reisen unternommen und viele Urlaube an der Nordsee verbracht. Heute weiß ich mehr denn je, dass ich mich immer zu 100% auf meine Happy Hippos verlassen kann und dass ich sie bis zum Ende meines Lebens hoffentlich nie verlieren werde. Wiebke, Irina, Alexandra, Aileen, Eva, Michelle und Jan, ICH HAB EUCH LIEB!
Übrigens sind meine Gruppenmitglieder gerade dabei, eine neue Gruppe zu „produzieren“. ACHT Kinder sind schon da, zwei kommen noch im Laufe dieses Jahres dazu. Auch, wenn unsere Wohnorte teilweise sehr weit auseinanderliegen (Lüneburg, Winsen, Buchholz, Hamburg, Paris, L.A.) und wir uns nicht mehr so oft treffen können (Dank Corona sowieso nicht), sind mir meine Freunde niemals fremd und es kommt mir immer so vor, als hätte man sich gestern erst gesehen. Naja, außer natürlich, die Kinder sind dabei, dann erschrecke ich mich immer gewaltig, wie groß die plötzlich geworden sind.
Oh endlich hab ich den Tagebuch-Eintrag gelesen und ein bisschen feuchte Augen bekommen 🙂 die Happy Hippos sind wirklich unglaublich besondere Menschen und unsere gemeinsamen Erinnerungen unbezahlbar. Ich hab dich lieb!
PS: Übrigens wie gut, dass dein Päckchen so schnell angekommen ist. Ich hab am gleichen Tag eins für meine Eltern losgeschickt und das war zwischendurch sogar wieder in LA (laut Sendeverfolgung), aber ist dann nach 6 Wochen ganz überraschend dennoch bei meinen Eltern angekommen…!
Danke für die lieben Worte zu mir mein Kind. Es ist mir eine Freude dir zu helfen. Auch über die schöne Beschreibung unserer Happy Hippo Gruppe habe ich mich sehr gefreut. Es tut mir keine Stunde leid, die ich mit euch allen verbracht habe und als einzige Gegenleistung, hoffe ich auf Besuche von euch, wenn ich mal richtig alt bin und nur noch im Zimmer sitzen und aus dem Fenster gucken kann.
Solange könnt ihr auch eure Kinder bei mir abgeben!