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Dö­sen

Nach­dem ich heu­te Mor­gen mei­nen Bei­trag hoch­ge­la­den hat­te, lag ich noch drei Stun­den re­gungs­los und mit ge­schlos­se­nen Au­gen auf mei­nem Bett und ge­noss es, dass ich we­der Rü­cken- noch Kopf­schmer­zen hat­te. Die­ser Zu­stand herrsch­te in letz­ter Zeit näm­lich ziem­lich sel­ten. Net­ter­wei­se hat­te die Schwes­ter die an­de­ren Mit­ar­bei­ter von der Kü­che und dem Putz­dienst dar­um ge­be­ten, mich erst­mal nicht zu stören. 

Puke At­tack

Ge­gen 11 „weck­te“ sie mich aber schließ­lich, weil es an der Zeit war, mich wie­der an das Sys­tem an­zu­schlie­ßen und ich vor­her noch du­schen woll­te. Da ich nicht ge­früh­stückt hat­te, la­gen die Vor­mit­tags­ta­blet­ten noch al­le­samt un­ge­schluckt in ih­rer Ver­pa­ckung auf dem Tisch. Ich stand also auf, pack­te die fünf Pil­len aus und stürz­te sie schnell mit ei­nem Glas Was­ser hin­un­ter. Mir war übelst schwin­de­lig, weil ich we­der ge­schla­fen, noch ge­ges­sen hat­te und wahr­schein­lich im­mer noch eine gro­ße Do­sis Schmerz­mit­tel in mir steck­te. „Mir wird ge­ra­de to­tal schlecht“, sag­te ich und griff zu ei­nem Spuck­beu­tel, der zum Glück schon an mei­nem Bett lag. Die ers­ten Schü­be des Er­bre­chens blie­ben in­halts­los. Doch schließ­lich würg­te ich dun­kel­grü­ne Gal­le her­vor. Es war ein­fach nur ek­lig und furcht­bar an­stren­gend. Zehn Mi­nu­ten zu­vor hat­te ich noch se­lig auf mei­nem Bett ge­schlum­mert und jetzt dreh­te sich al­les. Nun war es noch wich­ti­ger, mich wie­der an das Sys­tem an­zu­schlie­ßen, um mir auch Vom­ex in­tra­ve­nös ein­flö­ßen zu können.

Sitz­du­schen

Als ich mir si­cher war, dass das Über­ge­ben erst­mal ein Ende hat­te, schlurf­te ich (mich an der Wand fest­hal­tend) in mein Ba­de­zim­mer. Ich zog mich aus, nahm den Ho­cker und dusch­te im Sit­zen. Wenn man von der Du­sche aus zum Wach­be­cken guckt, sieht man sich üb­ri­gens kom­plett im Spie­gel. Ich sah echt schlimm aus. Mei­ne Ge­sichts­far­be lag ir­gend­wo zwi­schen gelb und grün.

Wie­der im Zim­mer zog ich mir et­was Fri­sches an und ließ mich aufs Bett fal­len (wel­ches ich zum ers­ten Mal nicht so­fort neu be­zog). Die Schwes­ter schloss mich an mei­ne In­fu­sio­nen an und ging dann wie­der. Ob­wohl es mir kör­per­lich ziem­lich schlecht ging, war ich psy­chisch bes­ser drauf als an den vor­he­ri­gen Ta­gen. In den fol­gen­den Stun­den be­kam ich Be­such von ei­ner Ärz­tin und ei­nem net­ten Ober­arzt, die sich bei mir vor­stell­ten. Wir spra­chen un­ter an­de­rem über mei­nen ent­zün­de­ten Hals-Ka­the­ter und über den leich­ten röt­li­chen Aus­schlag an mei­nen Ar­men, der ver­mut­lich von der nied­ri­gen Throm­bo­zy­ten­zahl kam. Au­ßer­dem te­le­fo­nier­te ich, guck­te Net­flix und schau­te ein biss­chen durch die Zeit­schrif­ten, die mir mei­ne Mut­ter ge­bracht hat­te. Als ich mal wie­der ins Bad ging, um mein Mund­spül­pro­gramm durch­zu­füh­ren, be­merk­te ich, dass sich mein Haut­aus­schlag ver­grö­ßert hat­te und nun auch den kom­plet­ten Bauch be­traf. Ich hat­te über­all klei­ne, rote Pünkt­chen, die teil­wei­se auch zu ju­cken be­gan­nen. Um jede Rei­zung durch mei­ne Klei­dung zu ver­mei­den, tausch­te ich mein Un­ter­hemd ge­gen ein wei­tes T‑­Shirt-Nacht­hemd. An­schlie­ßend setz­te ich mich aufs Bett und crem­te mich sorg­fäl­tig ein. Ei­gent­lich sollte/wollte ich mög­lichst viel Zeit au­ßer­halb des Bet­tes ver­brin­gen, um „in Schwung“ zu blei­ben. Aber wie soll­te ich denn in Schwung BLEI­BEN, wenn ich es nicht mal schaff­te, zehn Mi­nu­ten auf ei­nem Stuhl zu sit­zen?! Nach dem Ein­cre­men war ich wie­der völ­lig er­le­digt. Ich rief Jan an und wäh­rend wir spra­chen, ka­men mit ei­nem Mal die­se fie­sen Rü­cken­schmer­zen wie­der. Auf ei­ner Schmerz­ska­la von 1–10 hät­te ich sie so bei 9 ein­ge­ord­net. Mir lie­fen die Trä­nen über das Ge­sicht, mei­ne Haut brann­te und mein Kopf fing an zu po­chen. Gleich­zei­tig war mir so schwin­de­lig, dass ich dach­te, ich wür­de gleich ohn­mäch­tig. Die Schwes­ter kam zum Glück sehr schnell und er­höh­te die Schmerz­mit­tel­do­sis. „Sie se­hen gar nicht gut aus. Blei­ben Sie mal bes­ser liegen.“

ZVK raus

Ir­gend­wann lie­ßen die Schmer­zen nach und ich konn­te wie­der kla­rer den­ken. Ich dach­te zum Bei­spiel dar­an, dass spä­ter die Schwes­ter mei­nen ZVK ent­fer­nen wür­de, des­sen Ein­stich­stel­le sich ent­zün­det hat­te, an­ge­schwol­len war und nun bei je­der Berührung/Bewegung schmerz­te. Schließ­lich kam die net­te Schwes­ter, mit der ich ge­spielt hat­te, ge­folgt von ei­ner wit­zi­gen Ärz­tin in mein Zim­mer. Sie be­nö­tig­te nur we­ni­ge Se­kun­den, um den Ka­the­ter aus mei­nem Hals zu zie­hen. An­schlie­ßend drück­te die Schwes­ter mit ho­hem Druck eine Kom­pres­se auf die (ent­zün­de­te) Ein­stich­stel­le, um eine Nach­blu­tung zu ver­mei­den. Autsch. 

Neu­er Zugang

Wäh­rend­des­sen hat­te die Ärz­tin al­les für die neu­en Zu­gän­ge an den Ar­men vor­be­rei­tet, die als Über­gangs­lö­sung her­hal­ten soll­ten. Der Ab­stand zwi­schen zwei Ve­nen­ka­the­tern soll­te näm­lich nor­ma­ler­wei­se min­des­tens 24 Stun­den be­tra­gen. Da ich aber so vie­le ver­schie­de­ne und le­bens­wich­ti­ge Me­di­ka­men­te gleich­zei­tig be­kom­me, kann man die Gabe der­sel­ben nicht ein­fach pau­sie­ren las­sen. Zu­erst stach die Ärz­tin in mei­nen rech­ten Arm und traf eine sehr schmerz­haf­te Stel­le, an der das Blut al­ler­dings gut floss. Ich sag­te also zu­nächst nichts, ließ mir die Na­del fest­kle­ben und hoff­te, dass der Schmerz nach­las­sen wür­de. Dann kam der lin­ke Arm an die Rei­he. Hier ver­lief al­les schmerz­los. Im di­rek­ten Ver­gleich fiel mir auf, dass ich mei­nen rech­ten Arm nicht frei be­we­gen konn­te. Ich war nicht in der Lage, mei­ne Fla­sche zum Mund zu füh­ren, weil die Na­del bei der Arm­beu­gung zu gro­ße Schmer­zen ver­ur­sach­te. Da das kein ak­zep­ta­bler Zu­stand war, wur­de be­schlos­sen, dass ein Arm rei­chen müs­se. Abends be­kam ich dann noch zwei Blut­kon­ser­ven mit Ery­thro­zy­ten und ei­nen Beu­tel Throm­bo­zy­ten an­ge­hängt. Da wir alle aus den letz­ten Näch­ten ge­lernt hat­ten, gab man mir an die­sem Tag gleich eine Schlaf­ta­blet­te ans Bett. 

Di­gi­tal-Date

Noch woll­te ich aber nicht schla­fen, denn ich hat­te mich mit Jan, Anna und Kim­bo zum Su­per-Bowl-Gu­cken ver­ab­re­det. Per Vi­deo­kon­fe­renz saß ich qua­si di­gi­tal bei ih­nen in un­se­rem Wohn­zim­mer. Al­ler­dings gab es ein paar gra­vie­ren­de Mi­nus­punk­te bei die­ser Art des Zu­sam­men­seins: Jans Bur­ger, Cur­ly Fries und Chi­cken Wings. Die­se le­cke­ren Din­ge gab es na­tür­lich nicht auf mei­ner Sei­te des Bild­schirms. Ich hat­te le­dig­lich eine Tüte Pombären…immerhin. 

Ame­ri­can Foot­ball

Jan spielt schon seit vie­len Jah­ren Foot­ball in Lü­ne­burg, war zwi­schen­zeit­lich Foot­ball-Schieds­rich­ter und ist in­zwi­schen auch schon seit ei­ni­ger Zeit Trai­ner. Sei­ne Be­geis­te­rung für die­sen Sport be­steht also schon ziem­lich lan­ge und na­tür­lich hat er auch sei­ne Lieb­lings­teams und weiß viel über die Spie­ler, Coa­ches, etc. Bis­her war mein In­ter­es­se für Foot­ball eher mä­ßig ge­we­sen, doch in die­sem Jahr hat es mir so­gar Spaß ge­macht, die Spie­le mit Jan an­zu­se­hen und in­zwi­schen habe ich auch die Ab­läu­fe und Re­geln ei­ni­ger­ma­ßen ver­stan­den. Al­ler­dings hab ich noch viel zu we­nig Ah­nung von al­lem, um sa­gen zu kön­nen, wel­ches MEIN Team ist. Da­her kam es mir sehr ge­le­gen, dass vor ei­ni­gen Wo­chen in ei­ner In­sta­gram-Sto­ry von ei­nem Quiz be­rich­tet wur­de, mit des­sen Hil­fe man sein pas­sen­des Team fin­den soll­te. Ich klick­te da­mals also auf den Link, be­ant­wor­te­te alle Fra­gen und er­hielt so­gleich mei­ne Ant­wort: „Ihr Team sind die Tam­pa Bay Buc­ca­neers!“ Sie ha­ben eine To­ten­kopf­flag­ge und Tom Bra­dy.  Was soll ich sa­gen? MEIN TEAM hat den Su­per Bowl gewonnen!!! 

Lei­der hab ich das aber gar nicht mehr ge­se­hen, weil ich viel zu früh ein­ge­schla­fen bin. Da­bei bin ich gleich­zei­tig na­tür­lich to­tal dank­bar, dass ich ein­schla­fen konn­te! Mit­hil­fe der Schlaf­ta­blet­te penn­te ich wäh­rend des Vi­deo­calls ein. Jan, Anna und Kim­bo sa­hen mich über den Fern­se­her schla­fen und dar­über auf der Lein­wand das Foot­ball­spiel. Sie be­haup­ten, ich hät­te so­gar ein biss­chen ge­schnarcht, aber das ist eine Lüge. Ich schnar­che nie.

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  • Beitrags-Kommentare:2 Kommentare

Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. Jan (Rotes Herz)

    Du hast na­tür­lich nicht ge­schnarcht, nur et­was lau­ter geatmet. 😘

  2. Anna

    … ich kam mir auch ein we­nig wie ein creep vor, dich beim Schla­fen zu be­ob­ach­ten 😀 Aber die Jungs ha­ben ge­sagt, das ist nicht schlimm. Macht es das besser? 😛

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