Mai

Mai

Das Wet­ter ließ im Mai wirk­lich zu wün­schen üb­rig. Es reg­ne­te in ei­ner Tour und war zu­dem auch noch ziem­lich kalt. Ab und zu schau­te zwar die Son­ne durch die Wol­ken­de­cke, doch es war im­mer rat­sam, die Bal­kon­mö­bel mit der Re­gen­pla­ne ab­zu­de­cken, wenn man die Woh­nung ver­ließ. Erst ge­gen Ende des Mo­nats soll­te sich das Wet­ter end­lich bessern.

Dank der Me­di­ka­men­ten­um­stel­lung von San­d­im­mun auf Pro­graf ging es mir ins­ge­samt viel bes­ser als noch im April. Wie ich be­reits im letz­ten Bei­trag ge­schrie­ben hat­te, war die Übel­keit ver­schwun­den, ich hat­te kei­ne Kopf­schmer­zen und kei­ne de­pres­si­ven Ver­stim­mun­gen mehr und konn­te mich wie­der auf mei­nen Ge­schmacks­sinn ver­las­sen. Da­für hat­te ich jetzt häu­fi­ger Mus­kel- und Ge­lenk­schmer­zen so­wie ein Krib­beln in den Bei­nen. Mei­ne Haa­re be­gan­nen lang­sam wie­der zu wach­sen. Al­ler­dings ka­men sie zu­erst sehr lü­cken­haft zu­rück, wes­halb ich mir den Kopf zu­nächst noch nass­ra­sier­te. Die letz­te Ra­sur be­kam mein Schä­del am 10. Mai. Seit­dem kom­men die Haa­re gleich­mä­ßig zu­rück und ich las­se sie wach­sen. Ich bin sehr ge­spannt, ob ich viel­leicht Lo­cken be­kom­me. Das soll nach ei­ner Che­mo häu­fi­ger vor­kom­men. An mei­nen Fin­ger­nä­geln kann man üb­ri­gens ab­le­sen, wann mein Kör­per die Che­mo­the­ra­pie er­hal­ten hat. Quer über je­den Na­gel zieht sich ein bräun­lich ge­färb­ter Strich, der lang­sam rauswächst. 

Mai-High­lights

Auch, wenn das Wet­ter ziem­lich ent­täu­schend war, hat­te der Mai für mich ei­ni­ge schö­ne Mo­men­te zu bie­ten: Wir ha­ben Hot Dogs ge­ges­sen, an ei­nem On­line-Kon­zert teil­ge­nom­men, ei­nen Toy Sto­ry-Ma­ra­thon ver­an­stal­tet, ganz oft Spar­gel (na­tür­lich mit Kar­tof­feln, Schin­ken und Sau­ce Hol­lon­dai­se) ge­ges­sen, das Win­se­ner On­line-Stadt­fest auf dem Sofa ge­fei­ert (mit Jans mega gu­tem Stadt­fest­essen) und ei­nen sehr schö­nen, sehr son­ni­gen Mut­ter­tag mit un­se­ren Müt­tern ver­bracht. Am Him­mel­fahrts­tag, der im­mer in der Stadt­fest­wo­che liegt, tra­fen wir uns mit Jan und Stef­fi bei El­mar und Bär­bel auf der Ter­ras­se. Es reg­ne­te und wir tru­gen Müt­zen, da es so kalt war. (Letz­tes Jahr ha­ben wir bei 30°C im Gar­ten und mit Ab­stand ge­grillt.) Da­von lie­ßen wir uns aber den Spaß nicht ver­der­ben, son­dern aßen Piz­za, tran­ken Bier und be­schlos­sen schließ­lich, ei­nen Spa­zier­gang zu El­mars Papa zu un­ter­neh­men. Nor­bert ist zwei­ter Vor­sit­zen­der des Ver­eins „Kon­zer­te in Win­sen“, wel­cher in den letz­ten Jah­ren für die Or­ga­ni­sa­ti­on der Ma­ri­en­büh­ne ver­ant­wort­lich war. An den Ge­trän­ke­wa­gen vor der Kir­che konn­te man ihn ei­gent­lich zu je­der Ta­ges­zeit an­tref­fen. Da­bei trug er häu­fig sein Ma­ril­len-Ta­blett vor sich her und ver­such­te, ei­nem den ge­wöh­nungs­be­dürf­ti­gen Obst­brand an­zu­dre­hen. Da das Stadt­fest ja nun schon zum zwei­ten Mal aus­fal­len muss­te, wa­ren wir et­was weh­mü­tig und be­schlos­sen da­her, zu­min­dest ei­nen klei­nen Teil der „Tra­di­ti­on“ zu be­wah­ren und uns un­se­ren Schnaps bei Nor­bert ab­zu­ho­len. Als wir schließ­lich in sei­nem Gar­ten an­ka­men, durf­ten wir aber zu­nächst das cools­te Baum­haus be­gut­ach­ten, das ich je ge­se­hen habe. Auf ei­nem ab­ge­säg­ten Kirsch­baum thron­te ein klei­nes Häus­chen mit Ve­ran­da, das durch ei­nen Steg mit der hö­her ge­le­ge­nen Ter­ras­se ver­bun­den war. Um das Haus her­um und den Steg ent­lang führ­te eine Schie­ne, auf der spä­ter eine Ei­sen­bahn fah­ren soll. An­geb­lich hat El­mars Va­ter die­ses Baum­haus für sei­ne En­kel­kin­der ge­baut, aber ir­gend­wie glau­be ich, dass auch der ein oder an­de­re Män­ner­abend dort oben statt­fin­den wird. Noch wäh­rend der Be­gut­ach­tung kam dann auch das ver­trau­te Ma­ril­len-Ta­blett zum Ein­satz. Da ich ja noch star­ke Me­di­ka­men­te neh­me (und weil ich ei­gent­lich echt kein Fan von Obst­brand bin), trank ich nur ei­nen wirk­lich klei­nen Schnaps. Den Rest des Abends ver­brach­ten wir auf der an­de­ren Stra­ßen­sei­te bei Jan und Stef­fi auf der Veranda. 

Arzt­ter­mi­ne

Der Mai hielt aber auch ei­ni­ge Arzt­ter­mi­ne für mich be­reit. So muss­te ich zum ei­nen ins Win­se­ner Kran­ken­haus, um dort das Lun­gen-CT zu ma­chen, um das mei­ne Ärz­tin mich we­gen mei­nes Hus­tens ge­be­ten hat­te. Zum an­de­ren hat­te ich ei­nen Kon­troll­ter­min in­klu­si­ve Zahn­rei­ni­gung bei mei­ner Zahn­ärz­tin. Bei­de Ter­mi­ne ver­lie­fen ohne Pro­ble­me und brach­ten aus­schließ­lich po­si­ti­ve Er­geb­nis­se: Ich hat­te we­der In­fil­tra­te in der Lun­ge, noch Lö­cher in den Zäh­nen. Le­dig­lich bei ei­nem mei­ner Ba­cken­zäh­ne war das Zahn­fleisch leicht ver­än­dert, was aber nicht wei­ter schlimm war. Als Fol­ge der Stamm­zell­trans­plan­ta­ti­on und der da­mit ein­her­ge­hen­den Me­di­ka­men­te (San­d­im­mun) hät­te es auch durch­aus sein kön­nen (mit ei­ner Wahr­schein­lich­keit von 30–70%), dass ich eine Gin­gi­va­hy­per­pla­sie ent­wick­le. Hier­bei wu­chert das Zahn­fleisch über die Zäh­ne, so­dass man sie in schwe­ren Fäl­len kaum noch se­hen kann. Dann muss mit ei­nem La­ser das über­schüs­si­ge Fleisch weg­ge­brannt wer­den. In ei­nem Fo­rum schrieb ein be­trof­fe­ner User zu die­sem The­ma: „Ver­brann­tes Zahn­fleisch riecht ge­nau­so wie an­de­res ver­brann­tes Men­schen­fleisch auch. Den Ge­ruch be­kommt man sehr schwer aus der Nase!“ Ähm…ok?! Ich hof­fe, dass ich das nie­mals rie­chen muss. In­zwi­schen gibt es aber üb­ri­gens auch ein An­ti­bio­ti­kum, das bei Zahn­fleisch­wu­che­run­gen sehr gut hel­fen soll: Zi­thro­max. Das er­spart den San­d­im­mun-Pa­ti­en­ten zu­künf­tig hof­fent­lich das Wegbrennen.

Mei­ne Freun­din, die Kastanie

Vor un­se­rem Wohn­zim­mer­fens­ter steht seit eh und je eine wun­der­schö­ne gro­ße Kas­ta­nie mit pin­ken Blü­ten und hell­grü­nen Blät­tern. Im Herbst leuch­tet sie rot-gelb-oran­ge und lässt ihre Far­ben in un­ser Wohn­zim­mer schei­nen. Ich freue mich je­des Mal über ih­ren An­blick, wenn ich aus dem Fens­ter schaue. Aber die letz­ten Jah­re mit den tro­cke­nen Som­mern ha­ben sie an­schei­nend krank wer­den las­sen. Es be­gann mit ein­zel­nen Äs­ten, doch in­zwi­schen ist schon die Hälf­te des Bau­mes kahl und ver­trock­net. Ich fürch­te, sie stirbt bald kom­plett. Kli­ma­wan­del ist scheiße.

Tag 100

Am 14. Mai war es end­lich so­weit. Ich hat­te mein ers­tes Etap­pen­ziel, Tag 100, er­reicht! 

„Das Ri­si­ko, dass eine ‚Spen­der-ge­gen-Wirt-Krank­heit‘ auf­tritt, ist in den ers­ten 100 Ta­gen nach Trans­plan­ta­ti­on am größ­ten, be­son­ders wenn die Me­di­ka­men­te, die das neue Im­mun­sys­tem ‚im Zaum hal­ten’, re­du­ziert bzw. be­en­det wer­den.“ (Pa­ti­en­ten­bro­schü­re UKE)

Kommt es wäh­rend die­ser Zeit zu ei­ner Ab­sto­ßungs­re­ak­ti­on, spricht man von ei­ner aku­ten GvHD (Graft-ver­sus-Host-Di­se­a­se). Es wird zwar im­mer wie­der er­wähnt, dass die­se in leich­ter Form so­gar wün­schens­wert ist, weil da­durch auch die even­tu­ell noch ver­blie­be­nen Leuk­ämie­zel­len an­ge­grif­fen wer­den, aber ich bin sehr dank­bar, dass mir bis­her jeg­li­che GvHD er­spart ge­blie­ben ist. Als ich mei­ne Ärz­tin dar­auf an­sprach, sag­te sie auch, dass es bei ei­ni­gen Pa­ti­en­ten ein­fach gut lau­fen kann und kei­ne leich­te GvHD „nö­tig“ sei. Apro­pos mei­ne Ärz­tin: Zur Fei­er des Ta­ges fuhr Jan mit mir ins UKE, denn die nächs­te Kno­chen­marks­punk­ti­on stand an. Die War­te­zeit kam mir dies­mal be­son­ders lang vor, da ich we­gen der be­vor­ste­hen­den Nar­ko­se kom­plett nüch­tern war und zu­dem auch noch sehr fror. Nach­dem mir Blut ab­ge­nom­men und ein Zu­gang ge­legt wor­den war, ver­trieb ich mir die Zeit mit Le­sen und be­kam eine Fleece­de­cke, die aber auch nicht wirk­lich viel brach­te. Als ich dann end­lich an der Rei­he war, herrsch­te auch im Be­hand­lungs­zim­mer eine un­an­ge­neh­me Käl­te, von der ich aber nicht sehr lan­ge et­was spü­ren soll­te. Mit den Ge­dan­ken an ei­nen schö­nen Cock­tail am Strand ließ mich die Ärz­tin mit ih­rer Nar­ko­se­sprit­ze lang­sam in ei­nen tie­fen Schlaf glei­ten. Als ich wie­der auf­wach­te, fühl­te ich mich ein­fach SO gut! Wie auf Wol­ken lag ich auf der ei­gent­lich recht un­be­que­men Lie­ge und däm­mer­te se­lig vor mich hin. Ich stand of­fen­sicht­lich noch un­ter Dro­gen. Da­her fand ich es auch echt un­fair, dass mei­ne Ärz­tin in die­sem Zu­stand ein net­tes Ge­spräch mit mir führ­te. Ich war doch gar nicht Herr mei­ner Sin­ne! Naja, das hat­te je­den­falls zur Fol­ge, dass ich sie dar­um bat, mir doch bit­te THC oder et­was Ähn­li­ches zu ver­schrei­ben, um häu­fi­ger in den Ge­nuss die­ses be­rau­schen­den Zu­stands zu kom­men. Ich er­in­ne­re mich nicht mehr ganz an die Si­tua­ti­on (mei­ne Au­gen fie­len auch stän­dig wie­der zu), aber ich glau­be, sie hat ein biss­chen ge­lacht und mein­te dann: „Nen­e­ne, Frau Hobst! Sie kom­men ja nach­her noch­mal in mein Sprech­zim­mer und dann er­klä­re ich Ih­nen mal, wes­halb Dro­gen nicht so gut sind. Jetzt schla­fen Sie erst­mal noch ein biss­chen.“ Als ich eine Vier­tel­stun­de spä­ter er­neut (dies­mal bei kla­rem Ver­stand) auf­wach­te, er­in­ner­te ich mich vage dar­an, was ge­ra­de pas­siert war. Es war mir echt peinlich. 

Das an­schlie­ßen­de Ge­spräch mit mei­ner Ärz­tin war zwar lus­tig, aber gleich­zei­tig auch ein biss­chen un­an­ge­nehm, weil sie an­schei­nend tat­säch­lich dach­te, ich wür­de hin und wie­der Dro­gen neh­men. „Ich war schon et­was ver­wun­dert, wie viel Pro­po­fol ich brauch­te, bis Sie weg wa­ren!“ Im­mer­hin weiß ich jetzt, dass ich kein leich­tes Ver­ge­wal­ti­gungs­op­fer wäre, weil mir der Tä­ter an­schei­nend rich­tig viel ins Ge­tränk schüt­ten müss­te, bis ich be­wusst­los wür­de. Dass ich nicht be­son­ders gut auf Schmerz­mit­tel an­sprin­ge, war mir aber schon vor­her be­wusst. Ich be­nö­ti­ge ziem­lich hohe Do­sen, um eine Wir­kung zu spü­ren. Das war ja auch ein Pro­blem wäh­rend mei­nes Kran­ken­haus­auf­ent­halts. Des­halb gehe ich glau­be ich auch im­mer da­von aus, dass Schmerz­mit­tel „eh nicht hel­fen“ (nennt sich das dann um­ge­kehr­ter Pla­ce­bo-Ef­fekt?). Wahr­schein­lich kommt die­se hohe To­le­ranz­gren­ze von mei­nem Va­ter. Bei ihm und auch bei mei­nem Bru­der ist es näm­lich ähnlich. 

Ab­ge­se­hen von die­sem The­ma hat­ten wir nicht viel zu be­spre­chen. Mei­ne Blut‑, Le­ber- und Nie­ren­wer­te sa­hen alle gut aus. Auf die wei­te­ren Er­geb­nis­se muss­te ich noch 2–4 Wo­chen war­ten, da die Aus­wer­tung ei­ner Kno­chen­mark­punk­ti­on im­mer sehr auf­wen­dig ist. Als ich schließ­lich ge­hen durf­te, war ich rich­tig er­le­digt. Auf dem Weg zum Auto fiel mir plötz­lich auf, dass ich noch den Zu­gang im Arm ste­cken hat­te. Boah, wie an­stren­gend! Ich schlurf­te also wie­der zu­rück in die KMT-Am­bu­lanz, wo mir eine net­te Schwes­ter be­hilf­lich war und mich von der Ka­nü­le be­frei­te. Als ich end­lich ne­ben Jan im Auto saß, hat­te ich ein gro­ßes Be­dürf­nis nach Es­sen, Trin­ken und mei­nem Bett. 

Nach der KMP

Zu­hau­se an­ge­kom­men, be­gab ich mich so­fort ins Schlaf­zim­mer und ku­schel­te mich in mei­ne Bett­de­cke ein, wäh­rend Jan mir et­was zu Es­sen mach­te. Ur­sprüng­lich hat­te ich vor­ge­habt, auf dem Rück­weg bei mei­nen El­tern vor­bei­zu­fah­ren, aber da ich da­für viel zu müde war, kam mei­ne Mut­ter statt­des­sen zu mir. Sie brach­te mir Ku­chen, ei­nen Baum aus 100 klei­nen Herz-Sti­ckern, den sie auf schwar­zen Fo­to­kar­ton ge­klebt hat­te und dazu noch eine Tüte mit wei­te­ren Her­zen für die kom­men­de Zeit. Es war schon ver­rückt, an­hand der Her­zen zu se­hen, wie vie­le Tage seit der Trans­plan­ta­ti­on be­reits ver­gan­gen wa­ren. Zu­erst (vor al­lem, wenn es ei­nem schlecht geht) kom­men ei­nem die Tage end­los vor und dann ver­flie­gen die Wo­chen plötz­lich wie im Handumdrehen. 

Jans Ge­burts­tag

Die KMP hat­te die­ses Mal glück­li­cher­wei­se über­haupt kei­ne Ne­ben­wir­kun­gen, so­dass ich an Jans Ge­burts­tag (17.05.) wie­der „fit“ war. Ich schenk­te ihm un­ter an­de­rem ein selbst­ge­mach­tes Brett­spiel, Lego, eine Ben­ja­min Blüm­chen-Tor­te so­wie ei­nen neu­en Mo­tor­rad­helm. Zum Kaf­fee­trin­ken ka­men un­se­re El­tern vor­bei und abends be­ka­men wir Be­such von Freun­den, mit de­nen wir Gy­ros aßen.

ESC

Der Rest des Mo­nats war ei­gent­lich auch echt schön mit Spie­le-/Film­aben­den, Jans Rou­la­den, ei­nem Aus­flug an die Elbe und Grill­aben­den auf dem Bal­kon. Nach Ewig­kei­ten ha­ben wir uns au­ßer­dem mal wie­der den Eu­ro­vi­si­on Song Con­test an­ge­guckt. Ei­gent­lich hat­ten wir voll­kom­men an­de­re Fern­seh­plä­ne für den Abend ge­habt. Ich woll­te mir das On­line-Kon­zert von GO MU­SIC aus dem Jazz­kel­ler Kre­feld an­gu­cken, bei dem Bo He­art Key­board spiel­te, aber ir­gend­wie funk­tio­nier­te der Link zum Live­stream nicht. Un­se­re zwei­te Op­ti­on war das Haus­boot-Kon­zert „All Hands On Deck“, wel­ches al­ler­dings nur auf Tik­Tok über­tra­gen wur­de, wes­halb wir es nicht auf un­se­rem Fern­se­her ab­spie­len konn­ten. Da­her lan­de­ten wir schließ­lich beim ESC. Da ich mir in der Ver­gan­gen­heit nie mer­ken konn­te, wel­ches Land wel­chen Song prä­sen­tiert hat­te und ich meis­tens auch nicht mehr wuss­te, wie ich die ein­zel­nen Bei­trä­ge fand, nahm ich mir dies­mal vor, No­ti­zen zu ma­chen, um bei der Punk­te­ver­ga­be mei­ne Mei­nung äu­ßern (und mich auf­re­gen) zu kön­nen. Dass man sich spa­ren kann, mit Deutsch­land mit­zu­fie­bern ist ja schon seit Jah­ren be­kannt, weil „wir“ eh im­mer ganz hin­ten lan­den. Da­bei fand ich den deut­schen Bei­trag echt nicht schlecht und ziem­lich ein­gän­gig. Je­den­falls hab ich mir rich­tig lehr­er­mä­ßig ein Klemm­brett und ei­nen Stift be­reit­ge­legt und nach je­dem Bei­trag ein paar Stich­wor­te no­tiert. An­schlie­ßend ver­ga­ben wir noch Schul­no­ten und er­stell­ten eine Rang­lis­te. Ich könn­te hier jetzt noch ei­ni­ges über mei­ne Fas­sungs­lo­sig­keit, Über­ra­schung und Ge­nug­tu­ung wäh­rend der Punk­te­ver­ga­be schrei­ben, aber das wür­de si­cher­lich nie­man­den in­ter­es­sie­ren. Letz­ten En­des hat das Land ge­won­nen, das ich eben­falls auf den ers­ten Platz ge­setzt hat­te: Ita­li­en. War­um al­ler­dings so vie­le Leu­te von der Ukrai­ne be­geis­tert wa­ren, wird mir wohl für im­mer ein Rät­sel blei­ben. Die wa­ren fürch­ter­lich und beängstigend!!!

KMT-Am­bu­lanz

Am 28. hat­te ich mei­nen nächs­ten Ter­min im UKE. Die­ses Mal muss­te ich über drei Stun­den war­ten! Das war echt ner­vig, vor al­lem, weil mei­ne Mus­keln und Ge­len­ke im­mer weh­tun, wenn ich län­ger in der glei­chen Po­si­ti­on sit­ze. Al­ler­dings wa­ren die Pa­ti­en­ten im War­te­zim­mer dies­mal sehr ge­sprä­chig und es war über­aus in­ter­es­sant (aber auch er­schre­ckend), was sie zu er­zäh­len hat­ten. Der jun­ge Mann mir ge­gen­über war schon seit 20 Jah­ren in Be­hand­lung und hat im letz­ten Jahr so­gar zwei Stamm­zell­trans­plan­ta­tio­nen durch­ge­stan­den, die aber lei­der bei­de nicht er­folg­reich wa­ren. Nun wird bei ihm eine an­de­re Be­hand­lungs­me­tho­de aus­pro­biert. Trotz al­lem wirk­te er sehr op­ti­mis­tisch und gut ge­launt. Das fand ich wirk­lich be­mer­kens­wert. Er sag­te, die Ärz­te im UKE (al­len vor­an Prof. Dr. med. Krö­ger) wür­den so gute Ar­beit ma­chen und so viel for­schen, dass in 10 Jah­ren wahr­schein­lich gar kei­ne SZT mehr nö­tig sein wer­den. „Wenn wir ein­fach lan­ge ge­nug le­ben, fin­den die Wis­sen­schaft­ler be­stimmt neue Be­hand­lungs­me­tho­den für uns.“ Wow, so po­si­tiv wür­de ich auch ger­ne mal den­ken! Der nord­ma­ze­do­ni­sche Mann zwei Plät­ze wei­ter er­zähl­te, dass er ein Jahr lang im UKE lag. Ein gan­zes Jahr!!! Ich bin schon nach vier Wo­chen fast durch­ge­dreht. Ihm sei­en nach der Trans­plan­ta­ti­on alle Fin­ger- und Ze­hen­nä­gel aus­ge­fal­len und sei­ne Haut sei kom­plett ent­zün­det ge­we­sen und habe ge­juckt wie ein hef­ti­ger Son­nen­brand. Die­se Er­fah­rung hat­ten auch ei­ni­ge der an­de­ren Pa­ti­en­ten und Pa­ti­en­tin­nen ma­chen müs­sen. Eine von ih­nen wur­de be­reits vor 18 Jah­ren trans­plan­tiert und war jetzt nur zur jähr­li­chen Kon­trol­le im UKE. Nach den an­fäng­li­chen Pro­ble­men (z.B. Aus­fall der Nä­gel) ging es ihr zu­neh­mend bes­ser und heu­te gilt sie als ge­heilt. Die Frau ist mein Vor­bild! So soll es bei mir bit­te auch lau­fen. Sie war­te­te üb­ri­gens be­reits seit 4 Stun­den auf ih­ren Termin.

Gin ohne To­nic? Äh, To­nic ohne Gin?

Als ich end­lich ins Be­spre­chungs­zim­mer ge­ru­fen wur­de, dau­er­te das Ge­spräch an sich gar nicht so lan­ge. Ich be­rich­te­te von mei­nen Mus­kel­schmer­zen und den Krib­bel­at­ta­cken in mei­nen Bei­nen, mei­nem Po und mei­nen Fü­ßen. Mei­ne Ärz­tin sag­te, dass die Schmer­zen und die Ner­ven­ir­ri­ta­tio­nen ver­mut­lich da­von kä­men, dass ich das San­d­im­mun ab­ge­setzt habe. Als Tipp emp­fahl sie mir, To­nic Wa­ter oder Bit­ter Le­mon zu trin­ken, da bei­des Chi­nin ent­hält. Na­tür­lich frag­te ich sie, ob ich die Li­mo­na­de auch mit Gin bzw. Wod­ka mi­schen dürf­te. Ich meine…wer sagt denn „To­nic“ ohne „Gin“? Und wer trinkt denn To­nic Wa­ter ohne Gin?! Au­ßer­dem ist Wod­ka Le­mon echt le­cker. Mei­ne Ärz­tin ant­wor­te­te: „Mir war klar, dass Sie das fra­gen. Ein biss­chen!“ Au­ßer­dem sag­te sie, dass mei­ne Blut­wer­te so­weit alle gut aus­sä­hen. Zu den Er­geb­nis­sen der Kno­chen­mark­punk­ti­on konn­te sie noch nichts Neu­es sa­gen, da die Be­fun­de noch aus­stün­den. Da­für konn­te sie mir aber et­was an­de­res mit­tei­len. „Sie dür­fen sich ab nächs­ter Wo­che ge­gen Co­ro­na imp­fen las­sen!“ Yes! Da ich Impf­be­für­wor­te­rin bin, freu­te ich mich sehr über die­se Nach­richt. Zu­hau­se rief ich gleich im Impf­zen­trum an und be­kam ei­nen Termin.

Nele re­no­viert 

Am nächs­ten Tag (Sams­tag) hat­te ich ir­gend­wie das Be­dürf­nis, un­se­re Woh­nung zu ver­schö­nern. Wir fuh­ren in den Bau­markt, wo ich mir Far­be, Ma­le­ru­ten­si­li­en und Holz kauf­te. Am Ende des Ta­ges hat­te ich fünf Tür­rah­men, drei Tü­ren und ei­nen Fens­ter­rah­men ge­stri­chen. Au­ßer­dem ver­pass­te ich un­se­rer Kü­che eine neue Fens­ter­bank, strich den Rah­men der Uhr schwarz und brach­te ein paar Re­ga­le an. Dar­über hin­aus sprüh­te ich ei­ni­ge Din­ge matt­schwarz an und brach­te Jan dazu, die Kü­chen­lam­pe ge­gen eine schö­ne­re aus­zu­tau­schen. Es fühl­te sich mega gut an, so viel „Sicht­ba­res“ ge­schafft zu haben. 

Iri­na & Ales­sio <3

Der Sonn­tag fühl­te sich dann aber noch bes­ser an, denn Iri­na und Ales­sio wa­ren (nach über ei­nem Jahr) end­lich wie­der für ei­nen Be­such in Deutsch­land. Wir tra­fen uns zum Gril­len bei Iri­nas Fa­mi­lie im Gar­ten. Es gab sooooo viel zu Es­sen! Als wir alle längst satt wa­ren, hät­te man beim An­blick des Ti­sches mei­nen kön­nen, wir hät­ten noch gar nicht angefangen.

1. Imp­fung

Am Mon­tag früh­stück­te ich mit Anna auf dem Bal­kon, als mich Mi­cha­el vom Impf­zen­trum an­rief, um mir zu sa­gen, dass ich spon­tan auch schon heu­te ge­impft wer­den könn­te. Ich kauf­te mir also schnell noch ei­nen neu­en Impf­pass (mein al­ter ist ja in­zwi­schen kom­plett hin­fäl­lig) und fuhr zum Impf­zen­trum. Dort ar­bei­te­te an dem Tag zu­fäl­lig auch mein Bru­der, der in­zwi­schen ge­hört hat­te, dass ich kom­men wür­de. Am Ende wur­de ich also am letz­ten Mai­tag von mei­nem Bru­der (mit Biontech) ge­impft und be­kam mei­nen ers­ten Stem­pel in den neu­en Impfpass.

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  1. Susanne Brüggemann

    Al­les wird gut👍

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