Ägyp­ten

Ägyp­ten

Das Flug­ha­fen­ho­tel war sehr schön. Dank der Co­ro­na­re­ge­lun­gen hat­ten wir den Spa-Be­reich mit Schwimm­bad und Sau­na eine Stun­de lang ganz für uns al­lein. Abends be­stell­ten wir uns beim Room­ser­vice Bur­ger und Ce­a­sar Sa­lad. Am nächs­ten Mor­gen gin­gen wir zu­erst zum Check-in, wo wir län­ger als er­hofft auf die Öff­nung des Schal­ters war­ten muss­ten. Da wir aber fast die Ers­ten in der Schlan­ge wa­ren, ging es ziem­lich schnell als es end­lich los­ging. So schaff­ten wir es noch recht­zei­tig zu­rück zum gro­ßen Früh­stücks­buf­fet im Ho­tel. Wahr­schein­lich lag es an der Uhr­zeit, aber wir wa­ren die ein­zi­gen Gäs­te im ge­sam­ten Restaurant.

Ägyp­ten

Das Rote Meer er­streckt sich von Nor­den nach Sü­den über den Ho­ri­zont. Mit lau­ten Wel­len schlägt es auf das Riff. Die Fi­sche zei­gen sich bei die­sem Wind nur in ge­rin­ger Zahl.

Aus den Laut­spre­chern dröhnt ein­tö­ni­ge In­stru­men­tal­mu­sik. Ne­ben mir steht ein pin­ker Cock­tail, der sich Suns­hi­ne nennt. Son­ne gibt es heu­te reich­lich, al­ler­dings sind auch ei­ni­ge wei­ße Wol­ken an dem sonst so strah­lend blau­en Him­mel zu sehen. 

Die ers­ten bei­den Tage war es hier noch win­di­ger als heu­te, fast stür­misch. Hohe Wel­len bra­chen an der Steil­wand, die sich etwa 100 Me­ter vom Strand ent­fernt un­ter der Was­ser­ober­flä­che be­fin­det. Das Be­tre­ten des lan­gen Stegs war ver­bo­ten. Der Strand be­steht aus meh­re­ren klei­nen Buch­ten, in de­nen sich vie­le klei­ne Rif­fe mit Fi­schen be­fin­den. Manch­mal sieht man so­gar ei­nen Ro­chen. Zwi­schen dem Strand und den Pools liegt ein künst­lich an­ge­leg­ter See mit zwei Ka­jaks, mit de­nen man ein­fach rum­pad­deln kann. Der un­te­re Pool ist nicht be­heizt und er­fri­schend kühl. Der obe­re Pool ist sehr warm und be­inhal­tet eine Bar.

Mama ist ge­ra­de bei der Pedi-/Ma­ni­kü­re. Sie wirk­te et­was ver­ängs­tigt, als ich sie eben dort „ab­ge­ge­ben“ habe. In 51 Mi­nu­ten bin ich an der Rei­he. Ich freue mich schon rich­tig auf die Fußmassage. 

Ges­tern und heu­te sind vie­le neue Gäs­te an­ge­kom­men. Die deut­schen Sauf­tou­ris­ten sind letz­te Nacht ab­ge­reist. Sie ha­ben wäh­rend der Wo­che, die sie hier wa­ren, durch­ge­hend die Pool­bar be­la­gert. Sie tran­ken im Was­ser, sie aßen im Was­ser und ver­mut­lich pin­kel­ten sie auch ins Was­ser, denn ich habe sie nur sehr sel­ten auf­ste­hen se­hen. Wahr­schein­lich über­flüs­sig es zu er­wäh­nen, aber: Ich war noch nicht in die­sem Pool! Der ist aber auch ex­trem warm. Beim Boc­cia heu­te Vor­mit­tag habe ich mit 17 Punk­ten vor Mama (7 Punk­te) und dem Ani­ma­teur (9 Punk­te) ge­won­nen. Wir ha­ben im Sand ge­spielt, was viel bes­ser funk­tio­niert als auf der hü­ge­li­gen Wie­se am Pool. Da ich mich im­mer gut ein­ge­cremt habe, ist es mir ge­lun­gen, nicht den kleins­ten Son­nen­brand zu be­kom­men. Statt­des­sen bin ich sehr schön braun ge­wor­den. Zu Hau­se muss ich un­be­dingt ins Fit­ness­stu­dio. Ers­tens, weil ich hier je­den Mor­gen 3–4 Waf­feln mit Scho­ko­so­ße esse (ganz zu schwei­gen von der Sah­ne­tor­te zum Mit­tag und zum Abend­brot) und zwei­tens, weil ich dort in kur­zer Hose mei­ne Bräu­ne prä­sen­tie­ren kann. Naja und drit­tens, weil ich den Bei­trag nicht um­sonst zah­len möchte.

Heu­te Mor­gen habe ich ge­le­sen, dass bauch­frei mal wie­der in ist. Ich fän­de es echt gut, wenn wirk­lich JEDE/R die­sen Trend mit­ma­chen wür­de. Auch sehr alte und sehr be­haar­te Men­schen. Dann wäre die­se Pha­se be­stimmt ganz schnell wie­der vor­bei. Al­ler­dings gäbe das bei den der­zei­ti­gen Tem­pe­ra­tu­ren in Deutsch­land (neu­lich bis ‑14 Grad!) be­stimmt ziem­lich vie­le Nierenbeckenentzündungen. 

Der klei­ne Jun­ge, der ge­ra­de ne­ben mir im Pool spielt, heißt ge­nau­so wie die Flie­ge in mei­nem Zim­mer: Fie­te. Ich dach­te, wenn ich ihr ei­nen nied­li­chen Na­men gäbe, wür­de sie mich we­ni­ger stö­ren. Dem ist lei­der nicht so. Ins­ge­samt sind hier seit ges­tern viii­iel mehr Flie­gen un­ter­wegs als in den Ta­gen da­vor. Ich könn­te je­des Mal aus­ras­ten, wenn ich ge­ra­de ent­spannt im Bi­ki­ni in der Son­ne lie­ge, mei­nem Hör­buch lau­sche und sich dann die­se pe­ne­tran­ten Vie­cher auf mir nie­der­las­sen. Mit ein­fa­chem „Wa­ckeln“ las­sen sie sich nicht ver­trei­ben. Beim Es­sen ist es be­son­ders schlimm. Sie lan­den auf dem Hap­pen, der sich be­reits mit der Ga­bel auf dem Weg zum Mund be­fin­det. We­nigs­tens ma­chen ei­nem die Flie­gen den Ab­schied ein biss­chen leich­ter. Na­tür­lich freue ich mich auch auf Jan, aber ab­ge­se­hen da­von könn­te ich es auch noch eine wei­te­re Wo­che hier aus­hal­ten. In Deutsch­land sind Or­kan­bö­en und Nie­sel­re­gen an­ge­kün­digt. Geil.

Abends ist es hier noch lan­ge an­ge­nehm war. Nach dem Du­schen set­zen wir uns, in flau­schi­ge Ba­de­män­tel ge­hüllt und mit ei­ner Tas­se Tee/Kaffe in der Hand, auf un­se­ren gro­ßen Bal­kon mit Blick aufs Meer. Wir set­zen un­se­re Bose-Kopf­hö­rer auf (die sich kop­peln las­sen), le­gen die Füße hoch und schau­en auf mei­nem iPad die zwei­te Staf­fel Bridger­ton, wäh­rend die Son­ne un­ter­geht. Da­nach ma­chen wir uns fürs Abend­essen fer­tig. So lief es bis jetzt je­den Tag und es war herr­lich. Heu­te ist der letz­te Abend. Ich wer­de es vermissen.

Im Pool­gar­ten wird jetzt Boc­cia ge­spielt, aber ich habe kei­ne Lust. 

Uh, ist der hell! Ein schnee­wei­ßer Ju­gend­li­cher hat sich ge­ra­de aus dem Pool er­ho­ben und mich mit sei­ner Bläs­se ge­blen­det. Hof­fent­lich holt der sich kei­nen Son­nen­brand. Die rund­li­che Deutsch-Rus­sin hat mir eben ganz stolz und freu­dig er­zählt, dass sie am Strand ei­nen gol­de­nen Ring ge­fun­den hat. Sie hat ihn mir ge­zeigt, 585er Gold, ohne Gra­vur, mit ei­nem ge­schnör­kel­ten Ele­ment oben­drauf. Ir­gend­wie fand ich das ko­misch. Hät­te ich die­sen Ring ge­fun­den, wäre mei­ne ers­te Re­ak­ti­on ge­we­sen, an der Re­zep­ti­on zu fra­gen, ob ein Gast sei­nen Ring ver­lo­ren hat. Viel­leicht war es ja ein be­son­de­rer Ring? Hät­te ich mei­nen Ehe­ring am Strand ver­lo­ren, hät­te ich auf je­den Fall im Ho­tel Be­scheid ge­sagt und dar­auf ge­hofft, dass er ir­gend­wann ge­fun­den und mir zu­ge­schickt wird. Aber an­schei­nend ist das ziem­lich naiv von mir. Die Fin­de­rin scheint je­den­falls über­haupt nicht dar­an ge­dacht zu ha­ben, das Fund­stück ir­gend­wo ab­zu­ge­ben. Statt­des­sen trägt sie das gute Stück jetzt an ih­rem wurs­ti­gen klei­nen Fin­ger. Zum Glück sind hier nicht alle Ur­lau­ber selt­sam. Wir ha­ben ein Ehe­paar aus Nürn­berg und eine Fa­mi­lie aus der Schweiz ken­nen­ge­lernt, mit de­nen wir abends viel Spaß hat­ten. Au­gen­schein­lich sa­hen wir alle fit und ge­sund aus, aber die Ge­sprä­che, die wir führ­ten, zeig­ten mal wie­der, dass je­der sein Päck­chen zu tra­gen hat und dass Krebs längst eine Volks­krank­heit ist.

So, jetzt reicht es mir mit den Flie­gen hier am Pool. Ich wer­de mich mal zu Mama be­ge­ben und gu­cken, ob sie noch lebt. Sie hat sich ei­nen ro­sa­far­be­nen Na­gel­lack für ihre Ze­hen aus­ge­sucht. Ich bin ge­spannt, wie das aus­sieht. Ich hab mei­nen ei­ge­nen Na­gel­lack mit­ge­nom­men, da ich kei­ne Lust auf ir­gend­wel­che Ex­pe­ri­men­te habe.

Über mir dröhnt die Kli­ma­an­la­ge. Ich sit­ze auf ei­nem lan­gen Sofa, wäh­rend ich mei­ne Mut­ter be­ob­ach­te, die auf ei­nem rie­si­gen Fuß­pfle­ge­mas­sa­ge­ses­sel sitzt und ge­ra­de die Hän­de mas­siert be­kommt. Links von mir ste­hen zwei Fri­seur­stüh­le, da­vor hän­gen gro­ße run­de Spie­gel an der Wand. Die De­cke wird in­di­rekt mit li­la­far­be­nem Licht be­leuch­tet. Ins­ge­samt macht das Gan­ze ei­nen se­riö­sen Ein­druck. Jetzt wer­den die Zeh­nä­gel la­ckiert. Mir fällt mal wie­der auf, dass mei­ne Mut­ter be­nei­dens­wert glat­te und schlan­ke Bei­ne hat. Da­bei muss sie nicht­mal was da­für tun! Sie hat ein­fach kei­ne Haa­re an den Bei­nen. Das ist eine Ei­gen­schaft, die ich sehr ger­ne von ihr ge­erbt hät­te, aber naja, wann be­kommt man denn schon­mal was man sich wünscht? Im­mer­hin habe ich die un­emp­find­li­che und schnell bräu­nen­de Haut mei­nes Va­ters ge­erbt. Üb­ri­gens habe ich seit dem zwei­ten Ur­laubs­tag 11 selt­sa­me rote Punk­te an den Schien­bei­nen, sie­ben links und vier rechts. Sie sind ganz klein, ju­cken nicht und ha­ben sich seit ih­rem Er­schei­nen kaum ver­än­dert. Heu­te sind mir au­ßer­dem ganz klei­ne wei­ße Punk­te (eben­falls an den Un­ter­schen­kel) auf­ge­fal­len, die ein biss­chen wie Pig­ment­stö­run­gen aus­se­hen. Viel­leicht bin ich ja im Meer mit ir­gend­wel­chen Tie­ren oder Pflan­zen in Be­rüh­rung ge­kom­men, die die Punk­te ver­ur­sacht ha­ben. Im­mer­hin hab ich jetzt ein neu­es Ge­sprächs­the­ma für mei­nen nächs­ten Ter­min im Der­ma­to­lo­gi­kum Ende April.

Der All­er­go­lo­ge mein­te ja beim letz­ten Mal, dass er glaubt, dass ich an ei­ner Au­to­im­mun­erkran­kung lei­de, die für mei­ne Schwel­lun­gen im Ge­sicht ver­ant­wort­lich ist. Da­für wur­de mir auch noch­mal Blut ab­ge­nom­men. Al­ler­dings glau­be ich nicht, dass ich so eine Er­kran­kung habe. Seit mei­nem To­tal­de­sas­ter mit Über­nach­tung in der Not­auf­nah­me ist es zu kei­ner Schwel­lung mehr ge­kom­men. Ge­gen die Quad­deln neh­me ich jetzt je­weils mor­gens und abends eine Ta­blet­te Ebastel.

Zeit­sprung

Nächs­ter Morgen

Es ist 7:32Uhr am 5. April. Heu­te flie­gen wir nach Hau­se, um 11 Uhr wer­den wir am Ho­tel ab­ge­holt. Ich sit­ze auf dem Bal­kon, höre das Rau­schen der Wel­len, sehe das Meer und spü­re den leich­ten Wind in mei­nem Na­cken. Mei­ne Füße lie­gen auf ei­nem klei­nen Tisch in der Son­ne. Ich habe alle mei­ne Sa­chen in den Kof­fer ge­quetscht, mei­nen Hand­ge­päck­ruck­sack ein­ge­räumt und ei­nen Lei­nen­beu­tel mit all mei­nen war­men Kla­mot­ten ge­packt, die ich auf der Heim­rei­se nach und nach über­zie­hen wer­de. Im Mo­ment tra­ge ich noch eine kur­ze schwar­ze Hose, ein Top und eine von Jans Caps. Ich war eben du­schen und weiß, dass mei­ne Haa­re in alle Rich­tun­gen ste­hen wür­den, wenn ich sie nicht durch eine Kopf­be­de­ckung dar­an hin­der­te. So früh sind wir hier noch nie auf­ge­stan­den. Aber nach­dem mich wie­der mal so ein Drecks­vieh von Flie­ge (ver­mut­lich Fie­te) ge­weckt hat, habe ich be­schlos­sen, aufzustehen.

Mei­ne Pedi-/Ma­ni­kü­re wur­de ges­tern üb­ri­gens nicht von der Frau durch­ge­führt, die mei­ne Mut­ter be­han­delt hat­te. Statt­des­sen be­kam ich Ali. Er mach­te sei­nen Job gut. Ich saß auf dem brum­men­den Mas­sa­ge­ses­sel, wäh­rend mei­ne Füße ge­ba­det, ge­peelt, mit Ka­mel­milch ein­ge­trie­ben und mas­siert wur­den. Im Hin­ter­grund lie­fen In­stru­men­tal­ver­sio­nen mit Sa­xo­phon be­kann­ter Lie­der. Ein­mal muss­te ich stut­zen, als ich fest­stell­te, dass ge­ra­de „Oh Tan­nen­baum“ lief. Der Song pass­te aber auch ganz gut zu der Deko am Emp­fangs­tre­sen (Schnee­mann und Weih­nachts­baum). Als schließ­lich Far­be zum Ein­satz kam, war es ir­gend­wie „nied­lich“ an­zu­se­hen, wie Ali mir hoch­kon­zen­triert und be­hut­sam ei­nen Na­gel nach dem an­de­ren lackierte.

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