Schilddrüse
Am 3. Mai hatte ich einen Termin beim „Schilddrüsen-Arzt“ (Endokrinologen) in Lüneburg. Alle waren sehr freundlich zu mir. Meine Unterlagen hatte ich im Voraus an die Praxis geschickt, sodass der Arzt bereits im Bilde war. Vor Ort wurde mir dann noch einmal Blut abgenommen, um bestimmte Schilddrüsenwerte zu bestimmen. Für das Ergebnis sollte ich eine Woche später anrufen. Das ging allerdings nicht, weil Jan und ich zu diesem Zeitpunkt in Tunesien auf der Hochzeit von Linda und Aymen waren. In der Woche darauf war wiederum der Arzt im Urlaub. So kam es, dass erst nach 3 Wochen ein Gespräch mit dem Endokrinologen möglich war. Ich rief zur angegebenen Sprechzeit an, musste jedoch 20 Minuten in der Warteschlange hängen. Als ich endlich an der Reihe war, hörte das Tuten des Telefons nicht auf und ich verstand kaum ein Wort von dem was die Schwester am anderen Ende sagte. Ein Arztgespräch war so unmöglich. Daher legte ich auf und wählte erneut. Diesmal erhielt ich aber sofort die Ansage, dass ich außerhalb der Sprechzeiten anrufen würde. Todesnervig. Am nächsten Tag versuchte ich es erneut und kam (nach abermals langer Wartezeit) endlich durch. Das Gespräch dauerte etwa eine Minute. Ich erfuhr, dass ich Hashimoto habe, eine Autoimmunerkrankung der Schilddrüse, die aber noch nicht behandelt werden muss. Nächstes Jahr soll ich zur Kontrolle wiederkommen. Aha. Das hätte man mir auch einfach vor zwei Wochen in einer Mail mitteilen können.
Hormone
Ende Mai konnte ich mich endlich dazu durchringen, mit der Hormonersatztherapie zu beginnen. Mein Frauenarzt hatte mir ja bereits im Oktober ein Dosiergel und Kapseln verschrieben. Die Handhabung (Wann? Was? Wo? Wie lange?) war mir schon damals kompliziert vorgekommen. Inzwischen hatte ich komplett vergessen, was ich machen soll. Aber dafür gibt es ja schließlich Beipackzettel. Zunächst beginnt man nur mit dem Dosiergel Gynokadin, welches Östrogen enthält.
„Das Gel sollte nach dem Waschen, vorzugsweise morgens oder abends, auf eine möglichst große, saubere, trockene und intakte Hautfläche aufgetragen werden. Hierfür bevorzugte Körperstellen sind Arme, Schultern, Bauch oder Oberschenkel.“ Ich entschied mich für die Arme und für abends. Dieses Gel sollte ich 22 Tage lang benutzen und dann 7 Tage pausieren. Ab dem 10. Tag sollte ich zusätzlich Progesteron-Weichkapseln (Utrogest) einnehmen.
Beim Lesen der möglichen Nebenwirkungen hatte ich schon wieder keinen Bock mehr, überhaupt mit der Behandlung anzufangen.
Gynokadin:
- Hautreizung
- Hautausschlag
- Juckreiz (Pruritus)
- Hautrötung
- Hormonbedingte fleckige Hautfärbung (Chloasma)
- Autoimmune Gefäßentzündung mit roten Knötchen (Erythema nodosum)
- Vermehrte männliche Behaarung bei der Frau (Hirsutismus)
- Brustspannen
- Brustschmerzen
- Vergrößerung der Brust
- Vaginaler Ausfluss
- Gebärmutterblutung
- Scheidenblutung#Schmierblutung
- Schmerzhafte Monatsblutung (Dysmenorrhoe)
- Beschwerden wie Prämenstruelles Syndrom
- Ödeme (Wassereinlagerungen)
- Gewichtsschwankungen
- Kopfschmerzen
- Migräne
- Magen-Darm-Beschwerden
- Verdauungsbeschwerden
- Bauchschmerzen
- Übelkeit
- Blähungen
- Erbrechen
- Erkrankung der Gallenblase
- Knoten in der Brust
- Kontaktlinsenunverträglichkeit
- Verschlimmerung von Krampfadern (Varizen)
- Entzündung von Krampfadern (Varizen)
- Blutdruckanstieg
- Gallenabflussstörung
- Erhöhtes Risiko für Gallensteine
- Leberfunktionsstörungen
- Überempfindlichkeitsreaktionen
- Depressive Verstimmung
- Schwindel
- Sehstörungen
- Herzklopfen
- Ängstlichkeit
- Gestörtes sexuelles Verlangen
- Muskelkrämpfe
- Müdigkeit
Utrogest:
- Schwindelgefühl
- Schläfrigkeit
- depressive Verstimmungen
- Blutdruckerniedrigung
- Zyklusunregelmäßigkeiten
- Zwischenblutungen
- Übelkeit und Erbrechen
- Veränderungen des Körpergewichts (meist Gewichtszunahme)
- Beeinflussung des Geschlechtstriebs (Libido)
- Wassereinlagerungen im Gewebe (Ödeme)
- Spannungsgefühl oder Schmerzen in der Brust
- Überempfindlichkeitsreaktionen (Hautausschläge, Nesselsucht, Juckreiz)
- Akne
- verstärkte Blutgerinnung
- Veränderung des Blutzuckerspiegels
- Fettstoffwechselstörungen.
All diese Nebenwirkungen waren bisher der Grund dafür gewesen, nicht mit der Hormonbehandlung anzufangen. Es war so befreiend, nicht mehr seine Tage und das damit oft einhergehende PMS zu haben. Darauf hatte ich so gar keinen Bock! Es war traumhaft, nach der Chemo endlich von diesem monatlichen Frauenthema befreit zu sein. Insgesamt finde ich, dass die Natur das irgendwie nicht ganz zu Ende gedacht hat. Wenn eine Frau mit 35 Jahren 3 Kinder hat und sagt: „So, das reicht mir. Ich möchte definitiv keine weiteren Kinder bekommen.“ Warum kann sie dann nicht selbstbestimmen, dass Schluss ist und von da an frei und unbeschwert (klar, richtig frei und unbeschwert ist sie bestimmt nicht, weil sie ja drei Kinder hat, aber ihr wisst was ich meine) leben? Ohne Verhütung, ohne PMS, ohne Regelblutung. Nee, da braucht es dann einen richtigen Eingriff, der wiederum eines psychiatrischen Gutachtens und sonstiger Hürden bedarf. Natürlich braucht eine Frau für ihre Entscheidung keine drei Kinder. Es ist ja durchaus möglich, dass eine Frau aus Überzeugung und freiem Willen kinderlos bleiben möchte. Denn sein wir mal ehrlich, sobald das erste Kind da ist, nimmt die Zeit, die man mit sich selbst oder seinem Partner verbringt, rapide ab. Man kann sich nicht mehr spontan mit der Freundin treffen oder mal eben zum Einkaufen fahren. Alles muss organisiert werden. Damit will ich keinesfalls sagen, dass es scheiße ist, Kinder zu bekommen. Es ist nur einfach ein Fakt, dass sich viele junge Mütter ab und zu wünschen, kinderlos zu sein oder es sogar bereuen, Kinder in die Welt gesetzt zu haben. Viele fühlen sich nur noch als Putzkraft, Essenslieferantin, Streitschlichterin, Taxifahrerin, Reiseleitung und Kindermädchen wahrgenommen. Die begehrenswerte (Ehe-)Frau bleibt oft auf der Strecke. Hinzu kommt, dass sich der Körper durch eine Schwangerschaft verändert; bei einigen mehr, bei anderen weniger. Klar, kann man das Ganze positiv sehen und sagen: „Die Narben, Dehnungsstreifen und die an einigen Stellen hängende Haut nehme ich gerne in Kauf für das größte Glück auf Erden, mein Kind!“ Wenn man diese Einstellung aus tiefstem Herzen vertreten kann und dabei von seinem Partner unterstützt wird, hat man ein sehr gesundes Selbstwertgefühl, eine gute Beziehung und kann sich freuen. Doch gerade in Anbetracht der strapazierten Nerven und des enormen Schlafmangels schafft das sicherlich nicht jede Mutter. Natürlich ist das ein Tabu-Thema über das kaum einer spricht, denn man würde sofort als Rabenmutter abgestempelt werden, wenn man an seiner Entscheidung, Kinder bekommen zu haben, zweifeln würde. Gleichzeitig darf man daraus nicht schließen, dass diese Mütter ihre Kinder gerne „abgeben“ würden. Denn jetzt, wo sie da sind, werden sie von ihren Eltern (meistens) über alles geliebt. Trotzdem ist es oft unendlich anstrengend, ohne Nervenzusammenbruch durch den Tag zu kommen.
Am schwachsinnigsten ist immer noch die Idee mancher Frauen, ihrem Partner ein Kind anzuhängen, um die Beziehung zu retten. Wann hat das jemals funktioniert?! Ein Baby ist die größte aller Beziehungsproben. Natürlich gibt es auch andere große Herausforderungen bei denen eine Partnerschaft auf die Probe gestellt wird wie z.B. der Bau eines Hauses oder eine schwere Krankheit. Aber in diesen Fällen ist es immer noch möglich, abzuspringen und die Beziehung ohne Langzeitfolgen zu beenden. (Ich weiß nicht, ob ich es überlebt hätte, wenn mich Jan während meines UKE-Aufenthalts verlassen hätte, aber ich denke, der Punkt wird klar.) Wenn man die Baby-Herausforderung nicht meistert, kann man sich zwar auch trennen, aber das Baby und die Verantwortung beider Eltern für sein Wohlergehen bleiben.
Ach, ich weiß auch nicht. Wenn wir ein Kind bekommen wollen, müssen wir noch mindestens zwei Jahre warten, da mein Körper vorher keine Schwangerschaft bewältigen könnte. Laut meiner Ärztin sollte ich sogar lieber 5 Jahre nach der Transplantation abwarten, da die Krankheit in dieser Zeit zurückkommen könnte. Das ist zwar einerseits blöd, weil wir dann recht alte Eltern wären (wobei das heutzutage ja auch schon normal ist), andererseits nimmt es mir gerade komplett den Druck, den wahrscheinlich viele kinderlose Frauen in meinem Alter verspüren. „Wollt ihr nicht bald mal Kinder bekommen?“, „Die Uhr tickt!“, „Du weißt schon, dass jede Schwangerschaft über 35 eine Risikoschwangerschaft ist?!“, „Ich möchte Enkelkinder haben!“, „Alle deine Freundinnen haben Kinder!“, „Denkst du gar nicht an die Zukunft? Wer soll euch den später besuchen, wenn ihr alt seid?“ Sollte ich diese Sätze zu hören bekommen (Was zum Glück nicht der Fall ist!) kann ich ganz entspannt antworten: „Ich hatte Blutkrebs. Meine Eizellen wurden durch die Chemo abgetötet. Außerdem stellt man solche Fragen nicht, du unsensible Person!“ Zum Glück habe ich kein Problem damit, über diese Dinge zu sprechen und zu schreiben. Ich gebe gerne Antworten und erkläre mich. Aber das geht sicherlich nicht jeder Frau so. Gerade wenn es um die eigene Fähigkeit Kinder zu bekommen geht, trifft man oftmals einen sensiblen Nerv. Man weiß ja nie, was dahinter steckt, wenn ein Paar keine Kinder hat. Wer weiß denn schon, wie oft sie in der Kinderwunschklinik waren? Wer weiß, wie viele Fehlgeburten die Frau schon hinter sich hat? Nee, über diese Themen sollte man nur sprechen, wenn sie von der betreffenden Person selber angesprochen werden. Das ist zumindest meine Meinung. Ach so, ich möchte noch erwähnen, dass nicht nur Kinder eine fragile Beziehung zerstören können, sondern dass auch der unerfüllte Kinderwunsch zu großen Problemen und Auseinandersetzungen führen kann. Das ist ja auch total nachvollziehbar, denn wahrscheinlich denken sich die Partner insgeheim: „Vielleicht würde es mit einem anderen Partner klappen.“ Alles irgendwie doof. Wenn ihr also einen Partner habt und einvernehmlich die für euch richtige Anzahl an Kindern (nicht) bekommen habt und euch immer noch liebt und begehrt, freut euch! Das ist nicht selbstverständlich!
Zum Schluss möchte ich noch einen Appell an Mutter Natur richten:
Könntest du es bei Frauen bitte in Zukunft so handhaben wie bei Kaninchenweibchen? Die bekommen ihren Eisprung nämlich erst nach der Paarung! Dadurch würde der weibliche Körper echt viel Energie und Ressourcen sparen.
Fakten, Fakten, Fakten
Da ich mir vorher noch nie Gedanken darüber gemacht habe und es eigentlich echt interessant finde, möchte ich euch 10 Fakten präsentieren, die ich von der Seite erdbeerwoche.com übernommen habe.
Wusstest du, dass…
- …nur etwa 1,5 % aller Säugetiere menstruieren? Darunter der Mensch, ein paar Arten von Affen, Fledermäuse und einige wenige Nagetiere
- …Ägyptische Stachelmäuse zum Beispiel einen Menstruationszyklus von etwa 9 Tagen haben und im Schnitt 3 Tage bluten?
- …viele Tiere ihren Eisprung erst nach der Paarung haben und somit auch keine Menstruation haben?
- …Hunde nur 1–2x im Jahr ihre „Tage“ haben und im Gegensatz zu Menschen genau dann empfängnisbereit sind?
- …die Vagina einer Blauwal-Kuh etwa 2,50 Meter lang ist und somit die Größte im gesamten Tierreich?
- …die meisten Tiere ihre aufgebaute Gebärmutterschleimhaut „recyclen“– also einfach vom Körper wieder aufnehmen können? Beim Menschen ist die Schicht zu dick und es ist somit einfacher, sie einfach auszuscheiden und wieder neu aufzubauen.
- …z.B. bei Pferden, Schweinen und Kühen der Embryo nur an der Oberfläche der Schleimhaut haftet? Bei Menschen gräbt er sich viel tiefer ein und ist somit sicherer eingebettet und bekommt bessere Energieversorgung, greift dafür aber auch stärker in den Stoffwechsel der Mutter ein.
- …Tiere wie Ratten und Hasen sogenannte polyöstrische Tiere sind und somit mehrere Sexualzyklen (ohne Menstruation!) pro Jahr durchlaufen?
- …alle weiblichen Säugetiere eine Klitoris haben? Bei zwei Dritteln der Säugetiere befindet sich diese an der Vorderwand der Vagina.
- …die meisten Säugetiere ab der Geschlechtsreife ihr gesamtes Leben fruchtbar sind? Hier ist der Mensch wieder eine Ausnahme, wir sind im Vergleich zu den meisten Tieren auf unser Leben gerechnet sehr kurz fruchtbar.
Eichhörnchen
Übrigens finde ich Eichhörnchen ganz cool.
In der Paarungszeit verströmen die brünstigen Eichhörnchenweibchen Sekrete, von denen Männchen im Umkreis von anderthalb Kilometern angelockt werden. Die Männchen dringen in das Revier des Weibchens ein, werden aber zunächst angegriffen und verjagt. Erst nach etlichen Eroberungsversuchen toleriert das Weibchen den Anwärter in seinem Revier und lässt sich auf eine spielerische Verfolgungsjagd ein. Hat das Männchen das Weibchen nach mehreren Stunden eingeholt, schneidet es ihm den Weg ab und signalisiert seine Paarungsbereitschaft, indem es dem Weibchen seinen Schwanz auf den Rücken legt. Ob es zur Paarung kommt, entscheidet jedoch das Eichhörnchen-Weibchen. Sehr emanzipiert!