+11 🥳  Whoop whoop!

+11 🥳 Whoop whoop!

Letz­te Nacht habe ich rich­tig gut ge­schla­fen und wur­de heu­te Mor­gen von der Son­ne ge­weckt, die mir ins Ge­sicht schien. Eine net­te Schwes­ter kam für die all­mor­gend­li­che Blut­ent­nah­me in mein Zim­mer. Gleich­zei­tig über­prüf­te sie mei­ne Wer­te und stöp­sel­te mich von der Lei­ne ab, die alle zwei Tage ge­wech­selt wird. Sie sag­te, ich kön­ne ganz ent­spannt auf­ste­hen und du­schen ge­hen. Da­nach soll­te ich sie für ein neu­es ZVK-Pflas­ter an­klin­geln. Ich gab mir noch eine hal­be Stun­de in mei­nem Son­nen­bett und ging dann ins Bad. 

Mund­ge­fühl

Mir fiel auf, dass ich bes­ser schlu­cken konn­te als am Vor­tag, mein Zahn­fleisch sah je­doch im­mer noch sehr selt­sam ver­färbt aus. Die Mu­ko­si­tis er­laubt es mir mo­men­tan lei­der nicht, die Zäh­ne zu put­zen, weil das Zahn­fleisch sonst so­fort an­fan­gen wür­de zu blu­ten. Da ich die letz­ten Tage nur über den ZVK „ge­ges­sen“ habe, konn­ten sich im­mer­hin kei­ne Es­sens­res­te fest­set­zen, aber ich freue mich schon rich­tig doll auf die nächs­te Ver­wen­dung mei­ner elek­tri­schen Zahn­bürs­te. Die re­gel­mä­ßi­gen Mund­spü­lun­gen ver­hin­dern die Aus­brei­tung von Bak­te­ri­en und Pil­zen in mei­nem Mund­raum und er­set­zen in die­ser Akut­pha­se das Put­zen mit ei­ner Zahn­bürs­te. Ins­ge­samt fühlt sich mein ge­sam­ter Mund be­täubt und pap­pig an, tut aber zum Glück kaum weh. 

Mor­gen­rou­ti­ne

Du­schen ohne Haa­re geht SO schnell! In­klu­si­ve Ab­trock­nen, Ein­cre­men und Mund­spü­lung war ich in­ner­halb we­ni­ger Mi­nu­ten wie­der drau­ßen. Ich schlüpf­te in fri­sche Sa­chen und be­zog mein Bett. Da­bei wur­de mir furcht­bar heiß, weil die Son­ne im­mer noch in mein Zim­mer knall­te und ich ja kei­ne Mög­lich­keit zum Lüf­ten habe. Also zog ich mich wie­der aus und wech­sel­te zu Bo­xer­shorts und T‑Shirt. Völ­lig er­schöpft von so viel kör­per­li­cher Ak­ti­vi­tät ließ ich mich auf dem fri­schen Bett nie­der und fuhr das Kopf­teil hoch, schal­te­te mei­ne Gute-Lau­ne-Play­list ein, drü­cke den Schwes­tern-Knopf und schloss die Au­gen­li­der, wäh­rend mir die Son­ne wei­ter ins Ge­sicht schien. Herrlich! 

Als ich die Au­gen wie­der öff­ne­te, stand eine strah­len­de Schwes­ter vor mei­nem Bett und hielt mir ei­nen Zet­tel vors Ge­sicht. (sie­he Titelbild)

„Die Blut­wer­te sind schon gekommen!“

7,6

Wow! Mei­ne Leu­ko­zy­ten sind in­ner­halb von nur drei Ta­gen von qua­si nicht vor­han­den (<0,2) auf 7,6 (Mrd/l) ge­stie­gen. Die­se neu­en Leu­ko­zy­ten wur­den alle aus den neu­en Spen­der-Stamm­zel­len ge­bil­det und sind so­mit ge­sund. Nach­dem der Wert ges­tern be­reits auf 0,7 an­ge­stie­gen war, hat­te die Ärz­tin heu­te mit ei­nem Wert um die 2,0 ge­rech­net, aber dass die Zel­len gleich so gut re­agie­ren, hat auch sie freu­dig über­rascht. Ich bin un­end­lich er­leich­tert, denn die neu­en Leu­kos ha­ben so­fort ihre Ar­beit auf­ge­nom­men und da­mit be­gon­nen, mei­ne Mund­schleim­haut wie­der­her­zu­stel­len. Ab Mor­gen wer­de ich wie­der an­fan­gen, zu es­sen, auch wenn es um mei­nen Ap­pe­tit noch nicht so gut steht.

ZVK & Medikamente 

Von die­ser po­si­ti­ven Nach­richt über­rollt, muss­te ich mich erst­mal wie­der hin­le­gen. Die Schwes­ter wech­sel­te das Pflas­ter auf mei­nem ZVK. Da die Haut um die Ein­stich­stel­le zu­letzt ge­rö­tet war und eine er­neu­te Ent­zün­dung ver­mu­tet wur­de, be­kam ich seit zwei Ta­gen zwi­schen den Pflas­ter­wech­seln ei­nen 10-mi­nü­ti­gen an­ti­sep­ti­schen Um­schlag. Wäh­rend der Zeit „muss“ ich ein­fach ru­hig auf mei­nem Bett lie­gen, ohne mich zu be­we­gen. Das kann ich! Er­freu­li­cher­wei­se sei die Rö­tung schon zu­rück­ge­gan­gen, be­merk­te die Schwes­ter. Was für ein schö­ner Tag! Wäh­rend ich so da lag über­leg­te ich erst noch, ob ich mich nicht lie­ber mit ir­gend­et­was am Tisch be­schäf­ti­gen soll­te, wur­de dann aber re­gel­recht von der Mü­dig­keit über­mannt und schlief ein. Drei Stun­den spä­ter er­wach­te ich aus mei­nem Tief­schlaf. Die Sta­ti­ons­ärz­tin kam zu mir und gra­tu­lier­te mir zu den ers­ten ge­sun­den Zel­len. Sie er­klär­te auch, dass die Wer­te der Leu­ko­zy­ten in den nächs­ten Ta­gen auch im­mer mal wie­der sin­ken wür­den, dass das aber völ­lig nor­mal und in Ord­nung wäre. Wir be­schlos­sen, ei­ni­ge mei­ner Schmerz­me­di­ka­men­te ab­zu­set­zen bzw. schritt­wei­se zu re­du­zie­ren, um zum ei­nen mei­ne Le­ber et­was zu ent­las­ten und zum an­de­ren, um mei­ne Schläf­rig­keit zu min­dern. Sie kün­dig­te an, spä­ter noch ein­mal für eine wei­te­re Un­ter­su­chung wie­der­zu­kom­men. Au­ßer­dem soll mor­gen ein Dif­fe­ren­ti­al­blut­bild er­stellt wer­den, wel­ches Aus­kunft über die Un­ter­grup­pen der Leu­ko­zy­ten ge­ben soll.

Es­sen

Zum Mit­tag aß ich eine zer­drück­te Ba­na­ne – die ers­te Nah­rung seit meh­re­ren Ta­gen, die ich über den Mund zu mir nahm!

Vi­si­te

An­schlie­ßend kam die Ober­ärz­tin zur Vi­si­te. Auch sie war ganz be­geis­tert von mei­nem Tur­bo-Start und hofft, dass es bei mir so po­si­tiv wei­ter­geht. Na­tür­lich kön­nen ab jetzt auch Spen­der-ge­gen-Emp­fän­ger-Re­ak­tio­nen auf­tre­ten, aber wie be­reits öf­ters er­wähnt: al­les kann, nichts muss. Es wird je­den­falls nicht ex­tra ab­ge­war­tet, ob et­was pas­siert, son­dern so­bald die neu­en Zel­len ihre Pro­duk­ti­on ge­star­tet ha­ben, das Im­mun­sys­tem aufs Nö­tigs­te wie­der­her­ge­stellt wur­de, der Pa­ti­ent wie­der selbst­stän­dig es­sen, trin­ken und Ta­blet­ten schlu­cken kann (sehr, sehr vie­le Ta­blet­ten), ist die Zeit der Iso­la­ti­on vor­bei. Dann darf man end­lich das Kran­ken­haus ver­las­sen und sich wie­der wie ein frei­er Mensch (in häus­li­cher Iso­la­ti­on) füh­len! „Wenn sich bei Ih­nen al­les so gut wei­ter­ent­wi­ckeln soll­te, kann es sein, dass sie schon in ei­ner Wo­che hier raus sind.“ Wooo­hooooo! Das wäre ein Traum! 

Knif­fel & UNO

Nach dem Schicht­wech­sel war Lau­ra wie­der da und for­der­te mich zu ei­ner zwei­ten Run­de Knif­fel her­aus. Ich ge­wann mit nur 4 Punk­ten Vor­sprung. An­schlie­ßend spiel­ten wir noch ein paar Run­den UNO und quatsch­ten da­bei, be­vor sie sich wie­der an­de­ren Auf­ga­ben wid­men muss­te. Es ist schon krass, wie schnell man auf an­de­re Ge­dan­ken kommt und wie die Zeit ver­geht, wenn man sich mit je­man­dem un­ter­hal­ten kann. Falls das hier ir­gend­wer liest, der noch über­legt, eine Stamm­zell­trans­plan­ta­ti­on über sich er­ge­hen zu las­sen: So­fern es dir ir­gend­wie mög­lich ist (als Low-Risk-Pa­ti­ent), mach es NACH Co­ro­na, wenn man wie­der be­sucht wer­den darf. Die Be­hand­lung an sich ist schon schei­ße und an­stren­gend ge­nug, da soll­ten ei­nem Freun­de und Fa­mi­lie nicht nur per Vi­deo oder Te­le­fon, son­dern auch phy­sisch bei­ste­hen kön­nen. In den meis­ten Fäl­len be­stimmt die Krank­heit, wann die SZT statt­zu­fin­den hat, aber es gibt ja auch durch­aus Fäl­le, in de­nen sich Pa­ti­en­ten erst nach vie­len Jah­ren für die­sen gro­ßen Schritt ent­schei­den und de­nen kann ich nur ra­ten: war­tet ab. Ich habe vor­her tat­säch­lich un­ter­schätzt, was es heißt, hier ganz al­lein mit sich zu sein.

Klei­der­tausch

Ge­ra­de als Lau­ra ge­gan­gen war, rief Jan mich per Vi­deo­te­le­fo­nat an, um mit mir mei­ne Wech­sel­ta­sche zu pa­cken. Er kommt mor­gen nach der Ar­beit her, holt mei­ne Schmutz­wä­sche ab und bringt fri­sche Klei­dung. Die Über­ga­be er­folgt wie­der über eine Pfle­ge­kraft. Im­mer­hin kann ich ihm dann vom Fens­ter aus win­ken. Yay. 

Wes­halb Kot­zen im Kran­ken­haus bes­ser ist als auf ner Party

Noch wäh­rend Jan di­ver­se T‑Shirts und So­cken in die Ka­me­ra hielt, merk­te ich, wie mir ir­gend­wie mul­mig zu­mu­te wur­de. Ich drück­te den Schwes­tern­knopf, zeit­gleich kam auch schon Lau­ra mit neu­en In­fu­sio­nen her­ein. Noch wäh­rend ich ihr sag­te, dass mir ge­ra­de to­tal schlecht wür­de, griff ich mir eine Kotz­tü­te und be­gann mich zu über­ge­ben. Dank der Ba­na­ne war das Grün dies­mal nicht mehr so dun­kel, son­dern sah aus wie aus ei­nem Co­mic: gift­grün. Jan ließ ich am Te­le­fon zu­rück und wech­sel­te mit Lau­ra auf den Ba­de­zim­mer­fuß­bo­den. Wie wir da so ne­ben­ein­an­der vor dem Klo sa­ßen, ich in mei­ne Tüte rei­her­te und Lau­ra mei­nen Rü­cken strei­chel­te, kam ein biss­chen Par­ty-Fee­ling von frü­her in uns hoch. Al­ler­dings hat­te die jet­zi­ge Si­tua­ti­on Vor­tei­le ge­gen­über den damaligen: 

  1. Die Welt dreh­te sich nicht un­nö­tig. Mir war ein­fach nur schlecht. Ohne Drehen. 
  2. Nie­mand muss­te mir die Haa­re halten! 
  3. Ich ver­pass­te nichts von der Party. 
  4. Ich hat­te kei­nen Al­ko­hol ge­trun­ken und fast nichts ge­ges­sen, so­dass es nicht mal be­son­ders un­an­ge­nehm roch. 
  5. Lau­ra hat­te so­fort Me­di­ka­men­te pa­rat, die sie mir über den ZVK di­rekt in die Vene sprit­zen konnte.

Freun­de sehen

Als es mir bes­ser ging, rief ich Jan er­neut an, der mit mir zu Anna und Kim­bo fuhr. „Wir“ aßen Obst­sa­lat und die drei such­ten sich ei­nen Film aus. Da das WLAN in As­hau­sen aber echt mi­se­ra­bel zu sein scheint und ich Jans Da­ten­vo­lu­men nicht wei­ter stra­pa­zie­ren woll­te, ver­ab­schie­de­ten wir uns von­ein­an­der und ich be­gann, mei­ne Ta­ge­buch­ein­trä­ge der letz­ten Tage nach­zu­ho­len. Naja und hier sit­ze ich jetzt im­mer noch auf mei­nem Bett mit mei­ner Gute-Lau­ne-Mu­sik auf den Oh­ren und ei­nem flau­en Ge­fühl im Ma­gen. Die Schwes­ter hat mir eben ein neu­es Me­di­ka­ment ge­gen Übel­keit an­ge­hängt, von dem ich mir er­hof­fe, dass es schnell wirkt, denn ich bin wirk­lich müde und wür­de mich ger­ne ein­fach hin­le­gen, ohne gleich wie­der spu­cken zu müssen.

Fra­gen???

Habt ihr ei­gent­lich ir­gend­wel­che Fra­gen? Wenn ja, schreibt sie ein­fach in die Kom­men­ta­re und ich wer­de sie dies­mal auch ga­ran­tiert alle beantworten. 

Gute Nacht!

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  • Beitrags-Kategorie:Tagebuch
  • Beitrags-Kommentare:2 Kommentare

Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. Linda

    Das sind so tol­le Nachrichten!!!Ich drü­cke die Dau­men das du bald nach Hau­se kannst:)

  2. Bo

    Lie­be Nele,
    Ich hab erst mal kei­ne Fra­gen. Den­ke an dich und drü­cke die Dau­men, tap­fe­re Frau! Lie­be Grü­ße Bo

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